Logbuch BACKSHOP – Woche 3
Es ist viel zu heiß zum Arbeiten, aber wir haben die Zauberworte vergessen, wie wir den Backofen stoppen könnten… Wir verlegen die Proben in den Abend, um den heißesten Stunden zu entgehen. Paulo, unser Mentor, ist noch da und wir fangen an, die Erkenntnisse aus dem Intensiv-Workshop der zweiten Woche auf die Materialien Teig und Brot anzuwenden.
Das inhaltliche Interesse weicht immer stärker einem formalen. Die Ästhetik des Materials fasziniert uns. Der Hefeteig ist z.B. in einer stetigen Veränderung. Er ist kaum zu animieren, da er sich ganz von alleine immer weiter bewegt, immer weiter wächst, wenn man ihn alleine lässt. Bekommt man ihn in die Finger, schrumpft er wieder zusammen. Wieder kneten, wieder warten. Eine Übung in Geduld. Innehalten. Warten.
Bewegen. Stop. Motion. Eine Live-Kamera wird installiert, der Teig agiert jetzt für die Kamera. Körperteile der Performer kommen in den Bildausschnitt dazu. Finger werden zu Beinen. Der Teig zur Totenmaske. Am Ende des Herumexperimentierens steht die Frage im Raum, ob wir jetzt noch eine Pizza aus dem Teig backen wollen zum Abendessen. Wir entscheiden uns dagegen, irgendwie etwas komisch, einen Kollegen aufzuessen.
Generell kommt das Thema „Kannibalismus“ in den letzten Tagen immer wieder auf. Mit Paulos Hilfe machen wir eine zweite Version des Mini-Stop-Motion-Films, in dem ein Brötchen von anderen aufgefressen wird.
https://www.youtube.com/watch?v=M8dhxc3G8jk
Auch hier wieder eine Übung in Geduld. In der Schwüle der Bonner Sommerhitze. Wir schauen Filme von Jan Švankmajer, u.a. einen wundervollen Stop Motion Film über Menschen, die anderen als „Ernährungsmaschinen“ dienen. Aus dem Bauch wird eine Wurst mit einem Aufzug nach oben gefahren, die dann aufgegessen wird. Wir experimentieren weiter mit der Verbindung von Körpern und Lebensmitteln, Teigmasken, etc.
Am letzten Tag von Paulos Aufenthalt weiten wir die Animation auf weitere Gegenstände aus: Messer, Pfannen, Löffel. Ein Schneebesen hat ein Rendez-vous mit einem Dosenöffner, eine Pfanne wird mit zwei Händen als Beine zur grotesken Schildkröte. Wir überlegen, wie man eine alltägliche Essenstafel mit der Zeit lebendig werden lassen kann. Magnete unter dem Tisch? Nylonschnüre von der Decke? Oder doch über Video?
Abends kochen wir ein Abschiedsessen für Paulo (Mascarpone-Hähnchen mit Couscous) als Dankeschön. Und da sind wir dann auch wieder beim theoretischen Überbau, dass jedes Geschenk, jede Gabe, erwidert werden muss. Ein Essen für einen Workshop. Oder ist das dann doch zu pessimistisch gedacht? Egal, der Wein wird eingeschenkt. Prost.
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