Thema der Woche: Unmöglichkeit.
Das beinah Unmögliche ist zu Wochenbeginn schon mal vollbracht: Wir
befinden uns alle vier in Oldenburg und können direkt miteinander
kommunizieren und arbeiten ohne eingefrorenes Bild, abgehackte Worte und
die Anzeige „Ihre Internetverbindung ist nicht stabil“. Zwar wäre es
noch viel schöner auch mit unserem Mentoren Veit in 3D zu sprechen, aber
da hoffen wir auf die Zukunft.
Obwohl die architektonisch unmögliche Penrose-Treppe in Eschers Bild
„Ascending – Descending“ Maskottchen dieser Woche sein sollte, zieht es
uns zurück zu den Echsen. Sie geben uns Rätsel auf,
zeigen uns erst nach und nach, was alles in und hinter ihnen steckt und
in den Diskussionen fallen uns einige Schuppen von den Augen.
Beim Betrachten des Bildes wird unser Blick und damit unsere Aufmerksamkeit gezielt gelenkt. Was wohl herauskäme, wenn man die Augenbewegungen von vielen Betrachtenden erfassen, aufzeichnen und vergleichen würde? Lassen sich Parallelen zur Verbildlichung vom Territorialverhalten von Tieren ziehen? Bringen die Corona-Abstandsregeln uns dazu, unsere soziale Fläche regelmäßig aufzuteilen?
Wir betreiben Echsen-Psychologie.
Ob ich auffalle, ist eine Frage des Hintergrunds. Doch in der
Tesselation gibt es keinen Hintergrund. Die Echsen in der Fläche sind
Teil der Masse. Mediokrität als Seinszustand, das braucht keinen großen
Mut, keinen großen Aufwand. Konstanter Jogginghosen-Zustand.
Was bewegt die eine Echse also dazu, aus der Zweidimensionalität in die
Dreidimensionalität zu gehen, während alle anderen bleiben? Wie fühlt
es sich an, die Jogginghosenbequemlichkeit zu verlassen, ist das
aufregend?
Hören die flachen Echsen das Schnauben ihrer abtrünnigen Artgenossin?
Haben sie ihr Fehlen überhaupt bemerkt? Was wird sie den Flachechsen
erzählen, wenn sie wieder in der Fläche ankommt? Werden sie zuhören?
Wird ihr Glaube geschenkt werden? Fällt es ihr schwer, wieder in die
2D-Jogginghosen-Gesellschaft einzutauchen? Oder wird ein unbequemer Nachgeschmack bleiben?
Unmögliches widerspricht Gesetzen. Gesetzen der Physik, der Biologie. Oder Normen der Gesellschaft, Grenzen der Vorstellungskraft. Escher hat mal gesagt, er fühle sich im Garten der Mathematik allein und unverstanden. Kann man durch Glauben unmögliche Dinge möglich machen? Sind manche Dinge, die für unmöglich erklärt werden, einfach nur unglaublich? Vielleicht gibt es jenseits unserer 3D-Welt noch etwas ganz anderes, dass nur mit unserem Verstand oder Blick auf die Welt schwer zu begreifen ist.
Schwer zu begreifen ist jedenfalls die Struktur unseres Riesenflexagons „Gerhard“,
das wir aus 80*80 großen Pappplatten zusammenbauen. Es lässt sich
unendlich oft in eine Richtung weiterdrehen und fasziniert uns noch
immer. Wir bauen eine Versuchsordnung mit Spiegeln auf, erzeugen
Raumillusionen, experimentieren mit Schatten und Blickwinkeln,
Gucklöchern und Überblendungen. Außerdem begegnen wir flatternden Dreiecken, die gern in Gruppe unterwegs sind.
Wir greifen Experimente von letzter Woche auf und forschen daran
weiter. Eine Art riesige Popup- Karte entsteht, die uns mit neuen Formen
und tollen Schatten überrascht. Und auch der Trinkhelm bricht mit den
Erwartungen und ruft bei uns viel Vergnügen aus. Das Projekt „Eating Escher“
wird geboren. Das MakingOff rückt näher und damit auch das Ende der
Residenz. Die Ideen für Produktionen sprudeln nur so. Eine riesige
Holzschnitt-Walze auf der Bühne, Ballett-Synchron-Tanz mit mehreren
Magic-Gerhards und eine überdimensionale Guckloch-Spiegel-Konstruktion
in Form eines Dodekaeders, bei der das Publikum ins Innere schaut und
staunt. Performance in der Shopping-Mall. Nie endende Liebe und an der Decke laufen.
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