Woche 3

Wir beginnen die dritte Woche unserer Residenz im Jahrmarkttheater mit einigen Rückblicken:

Beim gemeinsamen Anschauen und Auswerten unseres “Tages der Nutzlosigkeit” aus Woche Zwei entdecken wir viel interessantes Material, das in seiner gleichzeitigen Lustigkeit und Traurigkeit bzw. Tiefsinnigkeit und Lächerlichkeit ausgezeichnet zu unserer Vorstellung der äußerst ambivalenten Swimmingpoolist:innen passt – einer radikalen Randgruppe der fiktiven Welt, die wir begonnen haben, zu erschaffen.

Es konkretisieren sich daraufhin einige Szenen- und Figurenideen.

Wir greifen auch die Arbeit mit der Source Tuning Methode aus der zweiten Woche noch einmal auf und treffen uns erneut mit India zu einer Session, in der wir die “professionellen Mütter”, sowie die “Wer-Babies” aus unserer gerade entstehenden Welt erforschen.

Und zu guter Letzt schauen wir noch einmal auf unsere gesamte Arbeit bisher zurück – um uns nämlich für die anstehende Arbeit mit unserer Mentorin Ursina zu sammeln.

Mit Ursina begeben wir uns direkt in einen sehr intensiven Austausch darüber, wo jede von uns individuell und wo wir aber auch als Gruppe stehen, was uns inhaltlich gerade beschäftigt, was wir brauchen und wie wir weitergehen wollen.

In zweieinhalb sehr abwechslungsreichen Tagen reflektieren wir über den Stand unserer Arbeit und unsere künstlerische Vision. Wir sprechen über Möglichkeiten, unsere Arbeiten (bzw. auch unser Arbeiten an sich) körperlicher und queerer zu gestalten. Wir lernen von Ursina einige ihrer vielseits erprobten Methoden aus Tanz und Körperarbeit kennen. Und – wie wir später feststellen – ist für uns ein besonders wichtiger Aspekt im Austausch mit Ursina der Anstoß, den sie uns gibt, uns noch konkreter und offener über unser Selbstverständnis, unsere Methoden und Rollenverteilung im Kollektiv zu verständigen.

Um einen etwas konkreten Einblick zu gewähren:

Nach einem ausführlichen Kennenlerngespräch am Anfang starten wir mit Ursina in die Arbeit, indem wir uns mittels Alba Emoting in verschiedene Körperlichkeiten begeben und auch mit körperlicher und emotionaler Ambivalenz spielen.

Am Folgetag setzen wir die Arbeit fort, indem wir das von der Grinberg Methode stammende “Stopping Movement” für unser Warm Up nutzen und uns dann in Übungen rund um das “Wheel of Consent” neu begegnen. Und wir sprechen auch über unser Verhältnis zum Publikum – und stellen bald fest, dass wir Lust haben, eine Beziehung mit ihm einzugehen, die von der gegenseitigen, meditativ induzierten Erlaubnis, einander “zu benutzen” getragen wird. Wir gehen ausgehend davon in die Textarbeit.

Zum Abschluss schauen wir uns auf der Grundlage von Ursinas Bühnenerfahrungen mit Werwolfverwandlungen an, wie ein Wer-Baby Anfall vonstattengehen könnte.

Und wir verabschieden Ursina mit einem Gefühl der Dankbarkeit für den vielen Input und dem gleichzeitigen Bedürfnis, alles sacken zu lassen und miteinander zu planen, wie es für uns weitergeht.

Eine sehr schöne Gelegenheit, letzteren Bedürfnissen schon ein wenig nachzukommen, stellt dabei die Vorbereitung einer Mini-Werkschau dar, mittels derer wir Anja, Thomas und India vom Jahrmarkttheater einen Einblick darin geben wollen, woran wir in ihren Räumen gerade arbeiten! In kürzester Zeit, mit viel Spontanität und in einem angenehmen Gruppen-Flow stellen wir ein kleines Programm auf die Beine, das erfreulicherweise allen Beteiligten einen guten Donnerstagabend bereitet:

Wir stellen fest, dass wir bei aller überbordenden Konzeption, den vielen offenen Fragen und noch ungeklärten Bedürfnissen, dennoch eine klare Richtung und einen guten, gemeinsamen Atem haben.

Anja, Thomas und India melden uns zurück, dass sie sich mit Neugier und Humor von uns abgeholt fühlen und sie das für die Schwere der Themen und Motive, die wir behandeln, öffnet.

Und wir bekommen nebenbei auch schon eine Vorstellung davon, in welchem Format ( bzw. in welchen Formaten) wir das Making Off am Ende unserer Residenz eventuell gestalten wollen.

Es folgt ein sehr sonniger und wuseliger Freitag, an dem wir uns in vielerlei Hinsicht neu sortieren:

Wir durchforsten mit Anja die diversen Fundi hier am Theater und sammeln unter anderem viele Swimmingpool-Accessoires ein – die wir auch später gleich bei einem Fotoshooting im spontan im Theater aufgebauten Pool von India zusammenwürfeln.

Wir checken noch einmal gemeinsam ein, wo jede von uns gerade steht, worauf sie in der Arbeit Lust hat, wo sie ihre Stärken sieht und wie sie gerne arbeiten möchte.

Und wir besprechen, mit welchen Erkenntnissen und auf welchem Arbeitsstand wir die Residenz in der nächsten Woche beenden wollen.

Wir merken: Unsere Residenz neigt sich langsam dem Ende entgegen. Und schauen der letzten Woche mit dem Vorhaben entgegen, noch einmal in vollen Zügen den wunderschönen Ort hier, unsere gemeinsame Zeit und all die gewonnene Neugier und Lust an unserem Stoff auszukosten.