Es ist Juli, der 6., und doch war heute eher apokaliptisches Herbstwetter. Hazard. Der Strom fällt aus, der Zug fährt nicht. Anne bleibt. Post-Content, Post-Commitment, Post-Communication.
Woran sind wir gescheitert? (Scheitern ausdrücklich erlaubt)
Wir sind an einer gemeinsamen Gruppenvision unseres Recherche-vorhabens, an “com mit!” gescheitert. Und verhandeln dennoch gemeinsam dieses Scheitern – und haben diese Woche vor allem unsere unterschiedlichen Interessensschwerpunkte und Arbeitsweisen verfolgt um uns wieder im Austausch von Versuchtem zu heute begegnen.
Wo stehen wir mit unserer Forschung?
An unterschiedlichen Punkten, von denen aus sich unterschiedliche Perspektiven mit unterschiedlichen Objekten und Bezügen zeigen. Eine Auswahl:
Korb – in Auseinandersetzung mit Ursula LeGuin (Tanne)
Trolley – in Auseinandersetzung mit dem Patriarchat der Dinge (Nora)
Nuckel, Trinkflasche und Baby-Masken – in Auseinandersetzung mit Xenofeminismus (Gineke) Fell und leuchtende Augen am Arsch – in Auseinandersetzung mit Paul B. Preciado (Cali)
—- —- am bezeichnensten für unseren Prozess in dieser Woche, ist ein Einblick in unsere vier verschiedenen Gedanken- und Beschäftigungswelten:
CALI
Paul B Preciado’s “Can the monster speak?” und “Das kontrasexuelle Manifest” werden für mich zur maßgeblichen Inspiration – Am Anfang war der Dildo, schreibt er – und was bringt die Zukunft? Ich fantasiere ein utopisches SciFi Sextoy – to deconstruct the apparatus gender and sex und mache mir Gedanken über future genitals im cyborg realm animal/human/machine. Stimmforschung zu inneren utopischen Räumen – Can the monster sing? StimmDas Fell wird dabei zur Maske: Zeigen durch Verbergen. Die Po-Figur redet über den Anus als transitorisches Zentrum der kontrasexuellen Dekonstruktion, und als universales erogenes Zentrum. Free your ass – your mind will follow! (Silverfuture) forschung zur Entsexualisierung der Stimme – all sounds are equally valid Unterm Fell ensteht der Versuch einer postgender Körperexploration.
NORA
Do 29.06. Ziel: Konkretisierung der individuellen Forschungsthemen
Nachdem wir die kollektive Reise (Gruppenimpro zum Thema Sümpfe.) hinter uns gelassen haben, um vorerst individuellen Recherchebedürfnissen nachzugehen, haben wir uns mit Jordan getroffen und ihm unseren jeweiligen Recherchansatz vorgestellt.
Fr 30.06. Tagesthema: “In was für einer Welt leben wir eigentlich?”
– ausführliche Beschäftigung mit der Literatur “Das Patriachat der Dinge. Warum Frauen die Welt nicht passt” von Rebekka Endler – Notizen und Gedanken dazu aufgeschrieben: Der Mann war das Maß aller Dinge. Bspw. Don Draper – Archetyp für die Büroklimatisierung (S. 133f) Oder: “Die ersten bekannten Schriftstücke stammen nachweislich aus weiblicher Feder bzw. aus weiblichen Schilfrohren, doch das Patriachat sorgte dafür, dass Autorinnen, wie Bullussa-rabi (1300v.Chr.) und En-hedu-anna (2200 v.Chr.) schnell vergessen wurden, (…) (S.209) Frauenkörper in der malebodynorm(ativität)… wenn der Sportschuh drückt.
Mo 03.06. Die Sci-Fi-Gebär-Mutter – Sci-Fi- Fortpflanzung
– am Vormittag weiterführende Beschäftigung mit der Literatur “Das Patriachat der Dinge.” Erste Überlegungen zur Szenischen Übersetzung im Hinblick auf Sci-Fi und Post-femal-Bodies. Entwicklung utopischer Phantasien und die Umsetzung durch Bilder/Requisiten auf der Bühne.
Di 04.06. Individuelle Materialrecherche > Hackenporsche and more
Recherche nach einem preisgünstigen, im besten Fall Second-Hand-Trolley (Nachhaltigkeitsgedanke) Fund auf Kleinanzeigen. Verfassen von Texten für das am Folgetag geplante Showing. Szenische Einzelprobe auf der Bühne zum Thema “Gleichberechtigung der Körper”. Im Anschluss Gruppen Treff + gemeinsame Reflexion und Planung mit Anne.
Mi 05.06. Showing erster Stand – Gruppentag.
9:30Uhr Alleiniger Ausflug nach Edewecht. Trolley wird abgeholt.
Danach Sznische Vorstellung des individuellen Arbeitsstandes. Jäh vom Sturm unterbrochen. Aber dann ging es weiter. Sehr unterschiedliche Ansätze und spannende Herangehensweisen. Im Anschluss Gruppenreflexion mit Anne in Form von Beschreibung des Gesehenen und der Aufgabe: Was davon würden wir klauen? bzw. Was geben wir der Performer*in mit, was schenken wir ihr/c.
TANNE
Wo ist die Bewegung in der Stuckness?
Unklar warte ich durch den Sumpf. Meine Ohren erkennen das schlurpsige Matschen meiner Crew. Unklar warte ich und warte weiterhin immer zäher. Mein Körper legt sich wiederborstig in sich selbst umstülpend in die eigenen Eingeweide nieder und sagt: schmatzschlotzschlammmmworschluschusch. Tränen blubbern untröstlich aus Drüsen und verflüssigen die Klebrigkeit und Sämigkeit des schlonzigen Matsches der sich um mich gelegt hat. Radikal bleibe ich im Kontakt mit dem Echo der Crew, unserem Scheitern, das nicht auftauchen wollen, die verloren geglaubte Sprache, die Uneinigkeit. Was zeigt sich jetzt, intuitiv in meinem Körper? Ich stülpe mich wieder um. Erinnere mich an den Korb und das Lied und lege mir einen neuen roten Faden. Befestige ihn an meiner Bauchfalte und werfe das andere Ende mutig in die Richtung der schlurpsigen Klänge meiner Crew… plötzlich strafft sich der Faden.
GINEKE
Diese Woche will ich mich intensiver mit der Trennung von Körper und Stimme beschäftigen. Ausgehend von ‘weiblich’ konotierten Stimmbildern, will ich Antworten auf die Frage finden, wie Interpretation von Stimmklang und Körpererscheinung einander gegenseitig beeinflussen. Gemeinsam mit Cali Kobel erkunden ich verschiedene stimmliche Ausdrucksformen jenseits der Sprache. Wir wollen herausfinden, wie gegendertes Stimmgebrauch neu oder anders lesbar werden kann. Angezogen vom sog. Häßlichen widmen wir uns dem Mundraum als Klangort und entwickeln mit Loopstation und Mikrofon diverse Soundscapes. Diese Soundscapes fließen am nächsten Tag ein in eine Körper-Objekt Improvisation.
Über das Wochenende beschäftige ich mich einen historisches Thema, die Alma Mahler Puppe geschaffen von der Künstlerin Hermine Moos in Auftrag von Oskar Kokoschka. Neben die Materialität der Puppe und die besondere Entstehungsgeschichte, interessieren mich die vielfältigen Machtverhältnisse die um das Objekt herum entstehen. Ich frage mich inwiefern uns die Alma Mahler Puppe etwas über PostFemaleBodies in der Vergangenheit zeigen kann..
Auch hier steht das Verhältnis Stimme- Körper im Vordergrund. In einer Performance nähere ich mich mittels Bildbeschreibungen der Puppe und Zitaten aus den Briefverkehr zwischen Oskar Kokoschka und Hermine Moos, die absurde Formgebung und mühsame
Erschaffung eines künstlichen weiblichen Körpers an.
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