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flausen-Tagebuch Woche 1

Fragen, die uns in der 1. Woche beschäftigt haben (thematisch und formal)

Es ging für uns um thematische und konzeptuelle Grundüberlegungen:

Was ist Ehrempfinden in der heutigen Zeit? Wie lässt sich ein solches Konzept denken?

  • Was ist die gesellschaftliche Problemlage, der wir uns widmen wollen? Wo finden wir darin Spuren eines Konzepts von Ehre? Welche Chancen sehen wir in einer Beschäftigung mit dem Ehrgefühl – und welche Gefahren lauern dabei vielleicht?
  • Formal ging es für uns um das Erzählen von Geschichten, in denen es um die Ehre geht. Dabei interessieren und einerseits historische Beispiele, in denen ein (verletztes) Ehrgefühl widerständiges (politisches) Handeln auslöste. Andererseits interessiert uns aber auch das Spiel mit Realität und Fiktion, dass das Erzählen von Geschichten möglich macht: Wie würde sich zum Beispiel ein Bericht von einer Ausstellung anhören, die sich dem Widerstand im Spätkapitalismus aufgrund eines verletzten Ehrempfinden des Menschen widmet? Was würde eine Widerstandskämpferin in fünfzehn Jahren von ihrem Streit fürs Grundeinkommen zu erzählen wissen?
  • Eine weitere formale Frage ist das Zusammenspiel von verschiedenen Textformaten, vor allem gesprochener und geschriebener Text. Welche Möglichkeiten ergeben sich aus diesem formalen Anordnungsprinzip?

 

Ziele für die 1. Woche – und wie wir diese erreichen (wollen)

Verständigung über die verschiedenen Herangehensweisen und Interessen des Teams – Diskussion

Erstellung eines Arbeitsplans (siehe Anhang)

Grundsätzliche Klärung einer Definition/Beschreibung von Ehre/Ehrgefühl mündet in einen zeitgenössischen (eigenen) Begriff von Ehrempfinden, u.a. Netzrecherche, Ute Frevert (Historikerin)

Verfeinerung unserer Analyse der gesellschaftlichen Situation in Bezugnahme zu einem möglichen verletzten Ehrgefühl des Menschen/ des Bürgers – Verteilen von Literaturrecherche

Frank Schirrmacher, Ego; Hannah Arendt, „Demokratie? – eine Debatte“

Thomas Pikkety, Capital in the 21st century;

Ilja Trojanow, Der überflüssige Mensch; Hartmut Rosa: Beschleunigungsgesellschaft

Wolfgang Streeck, Gekaufte Zeit, Crouch, Postdemokratie, Hartmut Welzer: Selber denken- Anleitungen zum Widerstand

technische Einrichtung der Bühne: Soundtechnik und Beamer

Erarbeiten gemeinsamer Themen und (vorläufiger) Definitionen, Sammeln von Impulsen und weiteren Recherchepunkten – Stichpunkte auf Flipchartpapier sammeln

Erstellung erster Thesenpapiere zum Begriff des Ehrgefühls an sich und dann zu einem gesellschaftsrelevanten Begriff von Ehre aufgrund der politischen und sozialen Gegenwartsanalyse.

 

Erkenntnisse

Unsere Erkenntnisse sind in unseren Thesenpapieren zusammengefasst. Siehe Anhänge.

 

Neue Fragen, die sich ergeben haben

 

Eine wichtige Frage am Ende unserer gemeinsamen Diskussionen war die Frage, wie sich unsere beiden Forschungsthemen zueinander verhalten: Ist unser Startpunkt eine Systemanalyse, ein bestimmter Blick auf die Jetzt-Zeit, vom dem aus wir einen neuen Begriff des Ehrgefühls erarbeiten wollen? Beschäftigen wir uns erst mit dem Ehrgefühl, und kommen von da zu einer neuen Systemanalyse? Oder findet die Beschäftigung mit beiden Themen erst einmal unabhängig voneinander statt, und wir finden Schritt für Schritt die Schnittmengen? Technisch bleibt die Frage zu lösen, wie wir live Text schreiben können.

Weitere Fragen: Kann man unseren Begriff des Ehrgefühls verstehen, wie wir ihn innerhalb unserer Forschungsarbeit ermittelt haben?

Kann das Konzept Ehre ein „Aktivposten“ (Frevert) für gesellschaftliches, soziale, Handeln, Engagement sein?

 

flausen-Tagebuch Woche 2

Fragen, die uns in der 2. Woche beschäftigt haben (thematisch und formal)

  • Wenn wir von einer Art verletztem Ehrempfinden der Menschen in der heutigen Zeit ausgehen, wie lässt sich dieses dann genauer beschreiben? Worin sind die Menschen verletzt worden? > Versuch über Auseinandersetzung mit der Demokratie – was ist Demokratie idealerweise? Was haben wir für eine gegenwärtige Demokratie? Was haben wir als Bürger darin verloren? Wie ist das zu fassen? Zu beschreiben?
  • Fragen zu unseren formalen Umsetzungsideen: Was ermöglicht uns das Performen über eine fiktive Ausstellung? Was wollen wir damit erreichen?
  • Welche besondere Qualität liegt in der Bildung einer fiktiven Ausstellung? Wollen wir eine „große, umfassende“ Ausstellung inszenieren, wie sie im Haus der Geschichte präsentiert wird? Inszenieren wir eine Epoche der Ehrverletzung, in der sich die Menschen erheben und das System zum Duell herausfordern? Oder inszenieren wir viele kleine Momente?
  • Was bietet das Format „Ausstellung“ an sich für Spiel- und Erzählmöglichkeiten?

 

Ziele für die 2. Woche – und wie wir diese erreichen (wollen)

– Versuch von Formulierungen, was wir als Bürger in der gegenwärtigen Demokratie verloren haben. z.B. „Ich wünsche mir eine Demokratie, die wieder Interessen der Mehrheit vertritt. Ich wünsche mir eine Demokratie, die die Freiheit des Menschen nicht mit verschwenderischer Gier verwechselt.“

– Widerstandsgeschichten recherchieren und ausdenken, schreiben. Diskussion darüber, was Widerstand alles sein kann: z.B. Verweigerung, Widersprechen, ziviler Ungehorsam, Schaffen von Alternativen, etc.

Unsere Formatidee weiterentwickeln:

– Die Ausstellung, die die Reaktionen (=Widerstand) der Menschheit in Bezug auf ihr verletztes Ehrgefühl zeigt, und über die in einer Performance berichtet werden soll, weiter konzipieren: Erster Schritt: einen Ausstellungskatalogtext schreiben, der Motive und Zielsetzungen der Ausstellung beschreibt.

-Besuch des Haus der Geschichte in Bonn: Fotografien machen, Notizen machen, Auswertungsdiskussion: Wir könnten uns vorstellen, die Ausstellung im Haus der Geschichte, die zurzeit nur bis in die 90er Jahre ausführlich ist, weiterzuführen.

Folgende Idee:

Neue Dauerausstellung

Widerstand im Postfordismus

Die Jahre 2014-2019 in Deutschland

>>> Eine Bewegung im Namen der Ehre

 

Erkenntnisse

Siehe Anhang: Textbeispiel Ausstellungskatalog, Dokument „es war einmal“

 

Neue Fragen, die sich ergeben haben

 

Verlieren wir das Konzept der Ehre?

Wie kommt die Ausstellungsidee mit einer Performanceidee zusammen?

Was ist mit großen und kleinen Widerstandsideen?

Wie lokalisieren wir „den Bösen“? Was machen wir mit Geschichten, in denen es zu klar ist, wer der Böse ist?

Sollen wir eine Show inszenieren?

Was ist der Mehrwert von einer Performance über die Ausstellung hinaus?

 

flausen-Tagebuch Woche 3

 

Fragen, die uns in der 3. Woche beschäftigt haben (thematisch und formal)

 

 

  • Überlegungen über ein mögliches Format
  • Wie könnte auf Grundlage der Ausstellungsbesuche und ersten fiktiven Performerberichte ein konkretes Ausstellungskonzept aussehen? Hätte das im Haus der Geschichte stattfinden können? Was gehört dazu? (Beispiele / Fakten / Formate / Filme / Bilder / Flugblätter)

 

Ziele für die 3. Woche – und wie wir diese erreichen (wollen)

 

– Überlegungen zur dramaturgischen Anordnung:

Wie wird über was von dieser Ausstellung erzählt?

Was ist der Reiz einer fiktionalen Erzählung über eine Ausstellung?

Kippmoment?

Welche Fragen tauchen durch die formale Anordnung auf?

Was kann ich innerhalb dieses Formats über das Ehrgefühl erzählen?

 

– Überlegungen zur wissenschaftlichen Anordnung:

Spiel mit Realität und Fiktion als Forschungsmittel?

Was können die einzelnen Disziplinen?

Ist das in meiner Disziplin möglich?

 

– Erarbeitung konkreter Texte / Improvisieren / Transkribieren / Aneignung der Texte

– Sammlung tatsächlicher Formen des Widerstands (Erstellung eines Archivs)

– Material sichten und anordnen: Jeder zieht sich zurück und schreibt verschiedene Abläufe einer möglichen Performance

– Recherche zu Bildern / Fotos / Exponaten, Überprüfung des Bühnenkonzepts

– Bilder sortieren, Bilder bearbeiten, Herstellung von Ausstellungsmaterial

– Nachstellung der Ausstellung im Saal / Bühne ausstatten

– Technische Probleme lösen

– Die Ehre als Ich-Person auftreten lassen / Monolog erarbeiten

– Ausprobieren, was erzählt wird / gesprochen wird / gezeigt wird in Form von Bildern / live geschrieben wird

– Einsatz unterschiedlicher Medien / Mikrofon

 

 

Erkenntnisse:

Werkstattcharakter funktioniert für unseren Inhalt gut

Wir sollten einen Performanceansatz herausnehmen und konkreter weiterverfolgen

Nach Draufblick von Fabian und Diskussion mit ihm zeichnet sich ab, dass unsere Setzung, einen Widerstand im Namen der Ehre zu propagieren, durchaus plausibel wirkt und eine Spannung in der Erzählung erzeugt

Mehr Einsatz der einzelnen Medien: Tonaufnahmen / Filmaufnahmen machen und abspielen, zeigen: Dadurch erhält es mehr Plastizität

 

Neue Fragen, die sich ergeben haben:

Sollen wir überhaupt noch über eine Ausstellung sprechen?

Aus welchen Perspektiven sprechen die Performer_innen?

Kurator_innen, Aktivist_innen, Zeitzeug_innen, Besucher_innen der Ausstellung

 

flausen-Tagebuch Woche 4

Fragen, die uns in der 4. Woche beschäftigt haben (thematisch und formal)

 

 

  • Was erwarten wir uns von einem Showing?
  • Was wollen wir für eine Art von Showing machen?
  • Warum entsteht plötzlich doch soviel Druck vor dem Showing?
  • Lassen sich unserer Forschungsergebnisse überhaupt im Format Showing zeigen?
  • Sollen wir tatsächlich einen performativen Ablauf zeigen oder wollen wir nur ein Werkstattgespräch führen?
  • Sollen wir die letzten Tage nutzen, um fröhlich und frei weiter zu probieren oder sollen wir uns tatsächlich aufs Showing konzentrieren?
  • Zum Format: Erzählen wir kausallogisch, analytisch oder assozativ? Verraten wir zuviel, wenn wir schon am Anfang von der Ausstellung oder aus einer Perspektive der Zukunft sprechen?

 

Ziele für die 4. Woche – und wie wir diese erreichen (wollen)

 

– einen performativen Ablauf vorbereiten, der uns in Anwesenheit des Publikums und mit seinem Feedback, Aufschluss darüber gibt, wie spannend die Idee einer fiktiven Ausstellung ist oder wie die Zuschauer_innen den Zustand des Widerstands in der Gesellschaft empfinden

 

– Optimierung des Ablaufs: Kippmomente verfeinern, an Haltungen arbeiten, Textwiederholungen einbauen, um damit eine bestimmte Latenz herzustellen, sich klar machen aus welcher Rolle man wann spricht, also z.B. als Kuratorin, als Aktivistinnen, als Partner_innen, zum Publikum

– einen guten Abschluss finden, wichtige Punkte festhalten, an denen man unbedingt weiter arbeiten möchte

– nochmal klären, was wir genau inhaltlich erzählen und warum : Geht es um Ehrgefühl? Geht es um Widerstand? Geht es um Zeitanalyse?

Erkenntnisse:

 

Schwierigkeit des Formats Showing, nicht klar – weder uns noch den Gästen: Wollen wir etwas von den Zuschauer_innen oder wollen die etwas von uns?

Hätte man vielleicht klarer anmoderieren können: Wir hätten gezielter Fragen vorbereiten können.

Es ist sehr schwer einem „Nicht-Fachpublikum etwas „Unfertiges“ zu zeigen und dann auch tatsächlich darüber als einen Arbeitsstand zu sprechen. Es passiert wahnsinnig schnell, dass unsere szenische Anordnung als vollendet, als Ergebnis, als fertig empfunden und auch diskutiert wird. (Wir fühlen uns dabei falsch verstanden.)

Unser gewählter Standpunkt aus der Zukunft zu sprechen, bringt eine Distanziertheit mit sich, die es aber erlaubt eine pointierte Analyse zu tun.

Der Begriff, das Konzept, Ehrgefühl sorgt tatsächlich für gemischte Gefühle. Nicht alle Zuschauer_innen können unserer Argumentation sofort folgen. Die Vorannahmen über Ehrgefühl beeinflussen ganz stark das Erleben unserer Performance.

Aber es bleibt festhalten, aus dem inneren Kreis gesprochen, die Beschäftigung mit Ehrgefühl ist eine gewinnbringende für die Analyse in unserer Zeit geworden und wir wollen damit weiter gehen.

 

 

Neue Fragen, die sich ergeben haben:

Was könnten wir aus dem Material alles weiterentwickeln?

Wollen wir als nächste Projekte daraus eine Performance UND eine Ausstellung machen?

Wie können wir persönlicher, intimer, direkter werden?

Wie kann unsere Erzählung, unsere Anordnung, noch mehr treffen den Zuschauer BEtreffen?

Sollten wir zukünftig nur noch in Residenzform arbeiten?

Wie könnten einen gewissen Produktionsdruck in anderen Projekten rausnehmen?