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Tag 18 – 6.4.2012

Und wieder das Ganze von hinten aufrollen und doch noch was schaffen

Um mit einem klaren Kopf weiterproben zu können, starten wir als erstes eine Aufräumaktion. Bei lauter Musik wird einmal durchgelüftet, werden Brainstormzettel geordnet und neu aufgehängt, Bücher sortiert, Becher gespült, Kabel zusammengerollt und Müll weggeschmissen.
Zuletzt werden die gestrigen Notizen von den jeweiligen Zeiten übersichtlich an eine Seite gelegt.
Ahhh….Freiheit. Zumindest ein bisschen. Und da heute auch endlich mal wieder schönes Wetter ist, stellen wir uns zum Aufwärmtraining raus in die Sonne. Das tut schon mal gut und wir werden alle etwas fitter, hoffentlich auch im Kopf.
Bevor wir nun das Probieren beginnen, müssen wir wissen, was. Es ist schon komisch: Nach unserem kleinen Testlauf am Dienstag waren wir alle sehr erstaunt und froh, wie gut es funktioniert hat. Am Tag darauf haben Eva, Karo und ich die Gespräche mit den Zuschauern und mit Winni ausgewertet und erdachten Verbesserungen und gingen dabei schon sehr ins Detail. Wir mochten unsere Spielidee und waren uns sicher nun länger daran arbeiten zu können und nach und nach Teile zu verbessern und hinzuzufügen. Es wurde konkret.
Auch der Inhalt wurde nun überdacht und endlich klarer: es sollte um Freiheit und Grenzen zwischen Kinder und Erwachsenen gehen. Jetzt kann man gezielt recherchieren. Erziehung, Schule, Familie in den verschiedenen Zeiten. Gut. Das wird, das wird. Dachten wir.
Und plötzlich, wie konnte das passieren:
Wir sitzen 2 Tage später da: und nur noch wirr im Kopf. Tabularasa? Nein das auch nicht. Aber keiner von uns kann sagen, was jetzt eigentlich das Spiel ist. Geht es nun um Zeitampullen oder um diesen Vertrag? Gestern hieß es, wir nehmen die Zukunft einfach aus dem Spiel, die ist nur die Verlockung. Aber bringt uns das was? Wie bekommt man wirklich ein schlüssiges Spielziel hin. Aber wenn die jetzt so gemütlich durch die Zeiten reisen, was haben Eltern und Kinder dann noch miteinander zu tun? Und was steht im Vertrag? Was soll das werden? Hat man als Spieler wirklich Motivation Vertragsfetzen zu finden?

Hier steigen wir nun ein. Eine Diskussion über den Vertrag: Ist er vorformuliert? Um was geht es dann? Oder ist es doch ein Pakt zwischen Eltern und Kindern: Die Kinder wünschen sich etwas von den Eltern, was sie heute nicht machen können und die Eltern sich etwas von den Kindern, was sie nach deren Tod machen. Aber das gibt es schon von einem anderen Theater und hilft uns das wirklich? Aber klar ist, dass der Vertrag relevanz haben soll, für das hier und jetzt. Mit dem realen Leben etwas zu tu haben soll.
Dann nochmal der Versuch einer Regel: Es geht um Zeit. Man braucht genug Zeit. Man muss in die verschiedenen Zeiten reisen und dort ein Stück des Vertrages finden, mit jedem Vertragsstück bekommt man etwas mehr Zeit und erst wenn es alle Teile gibt schließt sich der Zeitkreislauf. Kurz denken wir: Ja geht doch. Dann wieder: aber was genau steht dann darin, etwas über die jeweilige Zeit, inspiriert aus der Zeit? Dann ist das wieder so festgelegt. Die Teilnehmer sollen ja ihre eigene Meinung äußern können…ob etwas als positiv oder negativ bewertet wird, auch. Schwer.
Vielleicht bremst uns der Vertrag auch? Auch wenn er uns eigentlich das wichtigste an unserem Vorhaben scheint und wir eben nicht einfach so ein Game sein wollen…puhh
Aber lasst es uns es erstmal ganz simpel halten. Die Zeit als Spielziel hat ja funktioniert im Test. Das war eine klare Ansage: die Zeit darf nicht ablaufen und ihr müsst mehr Zeit erspielen damit sich der Kreislauf schließt.
Das heißt in jeder Zeitstation kann man Zeit in Form von Wasserampullen erspielen. Darum geht es.

Wir behalten im Hinterkopf, dass der Vertrag evt. einzig und allein aus Fragen bestehen kann, diese können auch während der Spiele begegnen oder erst am Ende, sich aber durchaus auf das Erlebte beziehen. Den Vertrag stellt jeder also für sich selbst aus. In dem er die Fragen beantwortet. Aber damit er gültig wird, braucht es jeweils drei Unterschriften des anderen Teams.
Also es gibt den Vertrag noch, aber die Verhandlung soll im Grunde während des Spiels passieren, durch das Spielen, die darin angeregten Gedanken münden am Ende nur in eine Frage. Oder so.

So. Nach dem das geklärt ist, machen wir an den Ideen von gestern weiter, nur dass man keinen Vertrag erspielt, sondern Wasser.
Um ins Machen zu kommen, bauen wir schnell mal ein kleines Klassenzimmer von 1850. Tja wir haben ja kaum Requisiten, wie soll das gehen? Schnell finden wir zwei dunkelbraune kleine Bänke. Hintereinander aufgestellt, sieht das sofort ein bisschen wie Schule aus. Die Tür wird zur Tafel, ein Stuhl zum Platz der Lehrerin und zwei Stative mit Mollton zur Hinterwand. Erstaunlich viel Atmosphäre kommt da rüber, hätten wir nicht gedacht.
Dann geht’s weiter: Jeder von uns entwirft ein Rätsel: Wer hat die Ampulle? Oder wer saß da wo die Ampulle lag? Oder was ist vorgefallen?
Wir alle basteln Schulhefte, Wochenplaner und Spickzettel mit verrätselten Hinweisen. Danach spielen immer drei von uns das Rätsel des vierten. Es macht Spaß und funktioniert erstaunlich gut.
Wir reflektieren die Punkte wo eine Information fehlte, welche Hinweise besonders spannend sind und Lust machen. Zum Beispiel nicht alle Informationen in Schriftform, sondern auch ein paar Kekskrümel können ein Hinweis sein, wo jemand gesessen hat.

Nach der Pause fügen Eva und Karo all unsere Ideen zu einem Rätsel zusammen, Matze und ich denken uns noch ein Rätsel für die Eltern im selben Raum aus. Dabei ist es nicht einfach jetzt den Schwierigkeitsgrad zu erhöhen, bzw. evt. auch einen anderen Inhalt zu wählen.
Letztlich finden wir es spannend die Erwachsenen auch als Kinder anzusprechen. Vielleicht fragen wir die Namen der Großeltern ab und sie bekommen diese Namen. Sie sind also nun in der Zeit ihrer eigenen Großeltern und sind Kinder. Auch sie müssen sich von der Lehrerin ermahnen lassen und gerade sitzen lernen. Dann heißt es, die Entschuldigung von Gustav ist zerrissen, lauter Wörter, viele doppelt und dreifach…Die Aufgabe lautet: setze die richtige Entschuldigung zusammen, warum Gustav gefehlt hat. Die Hinweise dafür findet man im Raum. Wenn die richtige Lösung erreicht ist, ergibt sich auf der Rückseite eine Anweisung, die zu befolgen ist, um die Wasserampulle zu bekommen.
Eva und Karo bekommen es nach etwas Nachhilfe von uns hin. Auch hier muss noch deutlich ausgebessert werden, aber die Grundidee scheint brauchbar.
Aber gute Rätsel erfinden ist sehr schwer, stellen wir alle fest.
Und es bleiben die Fragen, wie kommen die Eltern und Kinder ins verhandeln? Wie bekommt man den Inhalt mit, der uns am Herzen liegt: Zeit zwischen Eltern und Kindern? Freiheit und Zwang zwischen Eltern und Kindern? Fragen über Fragen..
Morgen geht’s weiter. Wird schon werden…