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10.07.12 / Maike

Wetter: irgendwas zwischen lauwarm und kühl mit einzelnen Schauern
Arbeitszeit: 14:00 bis 20:00 Uhr
Stimmung: angestrend aber fokussiert und neugierig
Eindrücklichster Moment: Auf einem Sofa aus Papier sitzen
persönl. Lieblingsrequisit heute: Uhren aus Papier
Utopie: Der Heidelbeeren müssen die Triebe gestutzt werden, die Tomate braucht mehr Erde, die Erbsen kommen gut
Lieblingszitat: sinngemäß (!) Johanna: „Jag sie in den Wald, halt ihnen ne Blume in die Fresse und lass die Probleme sich von alleine lösen.“

Prolog
Während Ulli zusammen mit Franzi und Johanna das Planspiel einrichtet, entwickeln Kaja und Maike die Idee des Pflanzen-Talent-Managements weiter. Wie sich herausstellt, lässt sich eine Pflanze ganz hervorragend in einen Prozesskreislauf des Human Ressources Management einspeisen. Eine neues Eisatzgebiet für unsere Garten-Utopie?

In Medias Res I:
Die Fragen, die sich über die letzten Wochen und Tage angesammelt haben, sind vielfältig: Was ist das utopische Potential eines Planspiels? Was macht Arbeit/Berufe relevant? Wie kann Zuschauerführung zwischen abgedreht und realistisch funktionieren? Was heißt Arbeitszeit für Theaterutopien? Wie können wir mit der Ambivalenz von Pflege und Kontrolle (von Angestellten) produktiv umgehen? Werden wir uns beim ersten Versuch eines Planspiels langweilen? Wird das zu viel Technik? Womit beschäftigt man die Beteiligten während des Planspiels? Wie sieht das Verhältnis von szenischem Entertainment und Interaktion aus? Wie konkret müssen Arbeitsanweisungen sein? Wie beeinflusst Wetter Arbeit?  Wie kann man ein Planspiel anleiten? Wie kann man Inhalte, wichtige Fragen in einem Planspiel vermitteln?

Und heute tun wir es endlich, wir spielen ein Planspiel, wir probieren eine Methode aus, das Problem beim Schopf zu packen: in dem von Ulli vorbereiteten Planspiel versetzen wir uns in die Rolle von Managerinnen, Arbeitsuchenden, Presseleuten und Tagesschausprecherin… In der Garderobe, abgeschottet von der Bühne gründen Kaja und Maike ein Unternehmen. „Futur Verde“ ist Energieversorger und engagiert sich intensiv in der Forschung und Entwicklung von erneuerbaren Energien. Johanna wartet auf der Couch mit Caprisonne auf die ersten Arbeitsangebote und mit Franzi als Pressefrau ist bereits ein kleines System entstanden. Die Prozesse werden auf dem Strategietisch in der Bühnenmitte visualisiert.  Die Stunden fliegen auf der Pappuhr vorbei, Kaja und Maike schreiben Stellen aus, geben Interviews und kommen doch nicht darauf, was genau eigentlich mit diesem Unternehmen zu tun sei. Johanna muss als alle drei Bewerber ein langwieriges Auswahlverfahren über sich ergehen lassen und Franzis Presse, die zur Hälfte sowieso dem Unternehmen gehört, gibt sich zunächst pro, dann contra. Die Sehnsucht nach dem Strategietisch und nach Transparenz bringt „Futur Verde“ dazu, das gläserne Management auszurufen. Bevor dies jedoch geschehen kann, beenden wir das Planspiel, das immerhin zwei Tage durchsimuliert hat und reflektieren.

Wir stellen fest, dass die Überzeichnungen und Vereinfachungen überraschend leicht in (Teil)wahrheiten der Realität zurückübersetzen lassen. Können wir uns auf das berühmte Körnchen Wahrheit verlassen, das bekanntlich auch hinter dem verdrehtesten Szenario steckt oder braucht es Vermittlung?

Einigen eingangs gestellten Fragen sind wir näher, viele kommen noch hinzu:
… was ist der Unterschied zwischen Management und Gründer? Wie kann man am Anfang eine offene Situation schaffen und den/die ZuschauerIn gleichzeitig nicht verloren gehen lassen? Wie krass darf die Ausgangssituation sein? Wie krass muss sie auch sein, damit es Spaß macht und einen theatralen Mehrwert besitzt? Wie überwinden wir altbekannte Arbeitsbedingungen und bleiben nicht beim bloßen bedienen stehen? Interessieren wir uns für das Potential/die Hard Skills unserer ZuschauerInnen? Wie können wir eine Potantialanalyse anstellen? Wie wissenschaftlich sollten wir arbeiten? Welche Lebensmittel sind Belohungen? Wer macht die Utopie? Wie kann man Massenbewerbungsgespräche händeln?

In Medias Res II:
Zum Abschluss des Tages, stellen wir uns unsere Vorschläge zur Lösung der drängendsten Misstände der Arbeitswelt vor. Permanenter Leistungsdruck, Burnout auf der einen bei gleichzeitiger Arbeitslosigkeit auf der anderen Seite, drei Jobs und trotzdem nicht genug Geld zum Leben, das sind Schieflagen, die wir mit konkreten Vorschlägen zu beheben trachten. Wir könnten den Generalablass wieder einführen,um die Protestantische Arbeitsmoral aufzuheben. Wir könnten die Arbeitswelt auf direkte Botenkommunikation (zurück)umstellen, indem wir übers Theater weltweite Paranoia vor digitaler Kommunikation hervorrufen. Wir könnten neben dem Grundeinkommen auch noch ein Höchsteinkommen einführen, über welches drüber man schlicht nicht ausbezahlt wird. „Überschüsse“ werden wieder in die Gesellschaft zurück eingespeist. Als Trostpflaster gibt es wieder echte Anerkennung. Was die einen an DDR-Urkunden-Inflation erinnert, inspiriert andere zur Überdenkung des Ehrenamts… Wie genau ist der Zusammenhang von Existenz, Arbeit und Geld? Wie hängen Religion und Arbeit wirklich zusammen? Was macht man gegen das böse Geld?

Epilog
Die Präsentation wird am Mittwoch fortgesetzt und man geht mit viel zu vielen Fragen aus dem Tag. Vielleicht notiert jeder am Mittwoch nur jeweils eine am Anfang und eine am Ende der Probe?

Tipp des Tages: für die Prokrastination und Entschleunigung einfach mal den htp-Kundendienst anrufen.