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Wochenfragen der Gruppe:

  1. Welche unserer Arbeitsthesen eignen sich als inhaltlich-theoretische Reibungsflächen zur Überprüfung unserer praktischen Forschungsergebnisse und somit als Potenz für unsere künstlerische Arbeit?
  2. Mit welchen performativen Ansätzen und ästhetischen Zugriffen können wir eine praktische Reflexion unseres bisher gesammelten Materials durchführen?
    1. Durch welche Formen der praktischen Reflexion können die Ergebnisse aus der letzten Woche zu szenischen Anordnungen transformiert werden?
  3. Wie binden wir noch weitere Familien kurzzeitig in den Prozess ein? Mit welchen Aufgaben?
  4. Wie erarbeiten wir uns ein theatrales Format, in dem wir eine ergebnisoffene Materialsichtung und -Auswertung mit den Familien durchführen können?

Wochenereignisse // Arbeitsmethoden // Erkenntnisse // Fragen

Donnerstag, 10. April
BlitzInterview von uns 4en, 5 Minuten, einzeln – BLACKBOX
5 Minuten VideoInterview als Reflexionsform,
-um aufkommende Erkenntnisse zu schärfen
-um den Kopf für Reflexion der gesamten Woche frei zu haben

wir installieren Kamera in Materiallager, wer will, darf

LOGBUCH der ersten Woche einrichten
-Ausführlichkeit, weil wir diese WochenDokumentation auch zur Reflexion nutzen
-Idee, alle vier Perspektiven mit „Blicken in den Kopf von …“ zu dokumentieren
-die Unterschiedlichkeit der forschenden Zugriffe wird hier erfahrbar

Beginn Reflexion intern
Einander die bisherigen persönlichen Notizen, Gedanken, Erkenntnisse vortragen, als Beginn der gemeinsamen Reflexion der ersten Wochen.

Dritter Familienbesuch
Besuch bei einer der Familien
Wir haben die Familie bereits mit unserer Forscherhaltung infiziert. Jede/r auf seine Weise beginnt nun eigenständig zu forschen und uns zurück zu beforschen.

Der Sohn hat eine kleine Fotokamera mit einem Tischstativ und dokumentiert unser Treffen ausführlich.

Die Mutter fragt, ob wir das gesammelte Material mit unseren persönlichen Familienerfahrungen oder Familienbildern vergleichen wollen, in der Forschung.

Es entsteht ein Gespräch aller Erwachsenen über den wissenschaftlichen Zugriff und das forschende Subjekt.

Wir sprechen auch darüber, dass unser Zugriff insoweit natürlich ein persönlicher sein wird, weil jede/r von uns das Material auf dem Hintergrund eigener biografischer Erfahrung interpretiert (wie jede Forschung überhaupt so funktioniert), denn allein die Selektion, was mir überhaupt in den Blick fällt, ist rein subjektiv. Wir erklären, das künstlerische Forschung letztlich sogar radikal subjektiv ist, weil sie die Erkenntnisse der Forschenden schließlich noch in eine ästhetische Form umschreibt. Dabei kann es sein, dass eine Erkenntnis, einen bestimmten Bereich betreffend (z.B. Raum, Zeit, Kommunikation betreffend) schon eine ästhetische Präferenz entstehen lässt, die letztliche Form-Entscheidung aber wieder radikal subjektiv und selektiv ist.

Ergebnisse künstlerischer Forschung lassen immer Rückschlüsse auf den forschenden Künstler, bzw. seine/ihre Beziehung zum Forschungssujet zu.

Freitag, 11. April
Sammlung gemeinsam:
-Was brennt unter den Nägeln
-Wo geht es mit dem bisher Bewegten hin

THEMEN/Diskussionsgegenstände:
Zeit

-fehlende Zeit
-Terminstress
-nie alle zusammen
-Welt organisiert die Zeitstruktur
-Rhythmen
-wir lassen zu, dass unsere Zeit von anderen bestimmt wird

Raumstrukturen, Ordnungsstrukturen
-Esstische als Orte, die die Familienstruktur abbilden
-generelle Ordnung, Unordnung
-in der scheinbaren Unordnung hat alles seinen Platz
-Familienordnung spielt sich so ein
-Ordnung/Unordnung oder lebendige Ordnung
-die Haushalte, in denen wir waren, sind eher Verhandlungshaushalte, dynamische Ordnung
-das Gefühl, die Ordnung wird ständig neu ausgehandelt
-stetiges Aushandeln ist stetige Arbeit

Betrachtung der Mutterfigur aus musikalischer Perspektive
-Fixstern, Magnetpol
-Mutter als schwarzes Loch? Mutter als Bezugspunkt
-Mutter im Zentrum des Kreises, als Anziehungspunkt
-Sonnensystem
-kreiseln
-Rhythmus
-Komposition: Mutter als Leitmotiv
-wie entstehen eigentlich Systeme?
-über die Funktionen, Funktionsprinzipien
-Bestimmer-Position ergibt sich nicht mehr rein aus dem Geschlecht, sondern eher aus der Funktion
-Mutter als Familienorganisatorin
-das Verständnis von Chef hat sich geändert: Nicht mehr „Oberhaupt“ sondern „Manager“ oder „Organisator“.
-Männer üben Macht eher dadurch aus, das sie Fakten schaffen, wie: ich bin nicht da
-Frauen haben oft die reagierenden, vermittelnden Handlungen
-Identifikation läuft über das System und nicht über die Individualität

Interessant sind die Dinge, die nicht verhandelt werden:
-sich verweigern
-sich rausziehen
-behaupten, etwas sei soundso

PROJEKTION IN FAMILIE
-Kinder und Erwachsenenprojektion

KOMMUNIKATION

Rechtfertigungsdruck
-weil wir in Systemen leben, die Dinge vorgeben, mit denen es mir selbst nicht gut geht – ich muss aber diesen Druck sogar weitergeben.
-verdeckte Macht

KÖRPERLICHKEIT UND WIRKUNG – gesellschaftliche Vorgaben
-der gegebene Körper und die daraus entstehende gesellschaftliche Setzung – wie kann ich als Individuum darüber Einfluss gewinnen?
-Wann entsprechen die Teilnehmenden den gesellschaftlichen Vorgaben, wann arbeiten sie eher daran, dem eventuell bewusst etwas entgegenzusetzen?

Gespräch mit Winnie
-Reflexion des Wochenlogbuches

Erstellung des Wochen-Arbeits-Plans

Montag, 14. April
Bearbeitung von Wochenfrage 1

Erstellung von Arbeitsthesen

Thesenhaufen
Wir tragen alle bisher im Forschungsprozess, bei jedem von uns aufgetauchten Thesen zusammen. Die Thesenpapiere werden zerschnitten. Wir erstellen eine Haufen-Ordnung. Jeder Haufen erhält eine Überschrift. So generieren wir unsere Haupt- und Unterthesen.

Übergeordnete These
Wir begreifen die Familie als kleinsten Knotenpunkt in einem weltumspannenden Wirkungsgeflecht. Im (Familien)Alltag wird das Kind zum global player geprägt – hier wird es inkorporiert in globale Wirkungszusammenhänge und entwickelt Strategien selbst in ihnen wirksam zu werden.

-Panoptisches Funktionsprinzip – dauernde Kontrolle, durch dauernden Kontrollblick
→ Druck, Erwartungen zu entsprechen
-Jede/r überwacht jede/n → Jede/r überwacht sich selbst

Weitere Hauptthesen
Familie und ihre einzelnen Mitglieder sind durchdrungen von einer expansiven kapitalistischen Wertelogik.

Familien scheitern an ihrem Anspruch, sich als basisdemokratisches Modell darzustellen.

Die Wirkmacht der einzelnen Familienmitglieder ist nicht allein von ihrem Willen abhängig, sondern strukturell geprägt.

Gegenentwürfe zur Macht globaler Strukturen aus der Familie heraus sind möglich.

Kindermacht entsteht dort, wo die Schwachstellen des elterlichen/erwachsenen Systems aufgespürt/entlarvt werden.

Das Wirken innerhalb der Familie und zwischen Familie und Außenwelt äußert sich entsprechend dem jeweiligen Kontext/Rahmen/Umfeld in unterschiedlichen sinnlich erfahrbaren Formen.

Polemische Thesen
Ein bereits vorhersehbares Problem unseres Projektes liegt darin, dass unser Projekt in der Tendenz nur von Familien mit einem relativ stabilen finanziellen Hintergrund und oder einem guten Selbstbewusstsein als Familie aufgesucht wird. Als Probanden bieten sich mal wieder die „Happy few“.

Um Reibungsflächen zu erzeugen, entwickeln wir polemische Thesen auf Grundlage der Themenbereiche unserer Hauptthesen.

Hier einige Beispiele:
Nur ein autoritäres Familiengefüge mit einem/einer verantwortlichen Bestimmer_in, der/die über einen antikapitalistischen eigenen Wertekanon wacht, kann den Schutz der Kinder, vor dem Zugriff kapitalistischer Strukturen gewährleisten.

 

Um Kontrolle, Beeinflussung zu unterbinden, um darauf hinzuwirken, dass ein Mensch sich frei entfaltet, dürfen wir die Handlungen unserer Kinder in keiner Weise bewerten, wir müssen aufhören zu loben (oder zu tadeln).

Familienzusammenhalt ist gefährlich für die Eigenständigkeit des Einzelnen

Kinder sind die besten Kapitalisten: egozentrisch, rücksichtslos und trotzdem kooperativ…

KINDER-THESEN
Schließlich entwickeln wir Thesen auf Grundlage unserer Themenbereiche, die von Kindern stammen könnten.

Einige Beispiele:
Eltern reden über Kinder, als ob sie den Kindern in den Kopf reingucken können. Sie denken, sie wissen genau Bescheid, was ein Kind denkt und fühlt.

Wenn Kinder sehr wütend sind, können sie sich nicht von der Familie scheiden lassen oder ausziehen, weil dann keiner mehr das Essen und Kleider und Wohnung bezahlt.

Wenn ein Kind was nicht kann, denken die Eltern, sie haben ein Problem und dann geht es ihnen schlecht. Dadurch geht es dem Kind schlecht und es kann erst recht gar nichts mehr.

Erwachsene wollen immer, daß es gerecht zugeht. Aber darüber, was gerecht ist und was nicht, bestimmen sie selbst. Das ist ungerecht.

Eltern produzieren sich vor der Gesellschaft auf Kosten der Kinder

Eltern sind egozentrisch, unflexibel, starr, langweilig, unbelehrbar, phantasielos und erkennen nicht unsere Bedürfnisse.

Um tatsächliche Thesen von Kindern zu erhalten, überlegen wir, eventuell einen Kindertag zu machen. An diesem Tag würden wir nur mit den Kindern unserer Familien und eventuell dazukommenden Besuchskindern eine Art Thesenwerkstatt durchführen.
Darüber hinaus denken wir nach, ein Osterfeuer zu besuchen und Kinder, die wir dort antreffen zu interviewen – per Audioaufnahmen.

Dienstag, 15. April
Wir ordnen unsere polemischen Thesen und unsere Kinderthesen zu unseren Haufen hinzu.
Die Anordnung ergibt: nur, wer sich bückt, kriegt mit, was die Kinder denken.

Bearbeitung von Wochenfrage 2:
Mit welchen performativen Ansätzen und ästhetischen Zugriffen können wir eine praktische Reflexion unseres bisher gesammelten Materials durchführen?

VideoMaterial: 60 Sekunden Weltherrschaft, VideoInterview
eins – Untersuchung des gestischen, nonverbalen Materials aus den Interviews durch körperliches Nachempfinden

zwei – Befragung des Interviewers zu seinen Annahmen und Motivationen

drei – Metaebene, die Informationen, die im informellen Gespräch über das Interview hinaus herausgefunden wurden, Aufschluss, welche Bewegung (Reflexion) mit unserem Interview in Gang gesetzt wurde

Musikalische Performance
Klangteppich – aus: menschliche Stimme, organische Klangerzeugung (organische Stofflichkeit) – darüber einen Thesenhaufen

-Versuch über die Anordnung eines Fragenden, einer Befragten im Raum

Podiumsdiskussion
Thesen vertreten, Streitgespräch

Beschreibung Filmmaterial
choreografieren, ein Rätsel – ein Spiel mit der Neugier, die entsteht, wenn ich einen Film schaue und beschreibe, was Publikum nicht sieht – bestimmte Information dem Blick entziehen
→ Entwicklung dieser Idee

-die Fülle des Materials und Dokumentation darüber, dass wir in allen Haushalten auf bestimmte Dinge geachtet haben

VideoMaterial mit Thesen konfrontieren – manipulatives Interpretieren

-Besuch von Winnie

-Macht durch Blickgewalt: wie können wir das in eine räumliche Anordnung übersetzen?

Gespräch:

Uns selbst mehr zur Disposition stellen

Kindern vermitteln, dass wir Familie und Welt erforschen, weil wir nicht genau verstehen, wie die Welt funktioniert und etwas darüber herausfinden möchten, was wir Erwachsenen vielleicht übersehen, falsch machen, nicht mitkriegen. Sie auf ihre Sicht der Dinge befragen: vielleicht verstehen sie besser, wie die Welt funktioniert oder was in der Welt falsch läuft.

Mittwoch, 16. April
Erkenntnisse aus der Arbeit mit unseren Thesen und dem anschließenden Gespräch mit Winnie. Wir brauchen noch mehr Fragen und Aufgaben, welche die Sicht der Kinder auf das Weltgeschehen betreffen.

Wir brauchen auch noch Fragen an die Erwachsenen, die sich mit ihrem eigenen Ideal und dem von uns dahinter vermuteten Leistungsgedanken befassen.

FRAGEN AN DIE KINDER
Sammlung möglicher Fragen für einen eventuellen Kindertag:
-Wie funktioniert die Welt?
-Was ist zur Zeit das größte Problem auf der Welt?
-Wie könnte man dieses Problem am besten lösen?

Idee: AUFGABEN IM KASPERLTHEATER
-wie erkläre ich mir/euch die Welt?
Wir entwickeln daraus die Aufgabe für den anstehenden Familienbesuch für die Kinder

DIE KINDER MÜSSEN DIE WELT RETTEN
Wir möchten euch Kinder/Jugendliche bitten, euch ein Kasper-Theaterstück (also eines mit Handpuppen) zu überlegen, bei dem es um folgendes Problem geht:

Nur die Kinder können die Welt retten.

Spielt ein Theaterstück, in dem ihr zeigen könnt, wie die Kinder die Welt zum laufen bringen. Sie können manches oder alles so machen, wie vorher die Erwachsenen, sie können es aber auch ganz anders machen.

Wenn ihr Lust habt, könnt ihr noch Freunde oder Freundinnen mitmachen lassen. Macht bitte ein Video von den Proben und eurem Theaterstück.

FRAGEN AN DIE ELTERN
-Was ist für dich eine gute Mutter? (an die Frauen)
-Was ist für dich ein guter Vater? (an die Männer)

Daraus entwickeln wir die Aufgabe für die Erwachsenen für den nächsten Familienbesuch:

Aufgabenstellung in Form von zwei Briefen:
Brief 1:
Was ist für dich eine gute Mutter/Vater?

Erstens) schreibe deine Gedanken zu dieser Frage auf.
Zweitens) beantworte die Frage in Form einer Collage. Dazu kannst du Textschnipsel aus deinen Aufschrieben verwenden, Fotos machen (von dir oder von anderen), zeichnen usw.

Brief 2:
Was sind innere und äußere Widerstände, die es schwer machen, eine gute Mutter/Vater zu sein?
Erstens) schreibe wieder deine Gedanken auf.
Zweitens) erweitere deine „Gute Mutter/Guter Vater-Collage“ um Bilder, die diese Widerstände zeigen. Verfahren s.o.

Idee für die theaterpraktische Auswertung der Aufgaben:
Wir bitten die Eltern jeweils allein in die Black-Box, um sich selbst (auch mit Hilfe der eigenen Collage) noch einmal auf folgende Frage hin zu betrachten:
Wodurch wurde dein Wertekanon bezüglich „gute Mutter“, „guter Vater“ geprägt?

Familienbesuch bei Familie 4: Herausgabe der o.g. Aufgaben

 

Einblicke in den Kopf von

Jo

  1. Die Familien sind zu uns ins Theater gekommen. CHECK. Wir sind raus „ins Feld“ gegangen und haben einen Blick in die Familienbiotope geworfen. CHECK.
    1. Interviews geführt, Eindrücke gesammelt, Fragmente des vorgefundenen Familien-Alltags betrachtet, interpretiert und gemeinsam mit unseren Forschungsfamilien befragt.
      1. Frage/Problem: Familienmitglieder = Forschungsgegenstand & Forschungspartner zugleich. Können bzw. müssen wir diese Ebenen klarer voneinander trennen?
      2. Frage/Problem2: das theatrale Grundproplem der verzerrenden Wirkung eines Forschers auf seinen Forschungsgegenstand/Forschungsfeld, das durch die Intervention seines forschenden Blicks sich zu verformen, zu ver-performen beginnt die Alltagsperformance verändert sich, weil der Alltag nicht mehr einfach Alltag ist, sondern ebenso eine Repräsentations- bzw. Darstellungsaufgabe.
      3. Potenzial: Die jetzt schon überwältigende Materialfülle. Jetzt gilt es, dafür produktive Formen der praktischen Reflexion auf der Bühne zu entwickeln. Uff! und Yeah!
    2. Das König-für-eine-Stunde-Experiment wird allgemein mit großem Interesse aufgenommen. Die Brillen-Cam ist Trumpf.
      1. Herausforderung: die ca. 10 bis 20 Stunden Videomaterial, die dabei enstehen werden, sind eine Menge Holz!
      2. Herausforderung2: Technische Einweisungen, Abgabetermine, gemeinsame Auswertungen etc. mit den Familien zu koordinieren wird ein heftiger logistischer Dauerbrenner. Insgesamt nimmt die Planung & Kommunikation für dieses Forschungsprojekt bisher mindestens so viel Raum ein, wie die inhaltliche&ästhetische Forschungsarbeit.
  2. Blitzlichter: Was ist von den Familienbesuchen hängen geblieben? Was beschäftigt uns?
    1. Thema der Zeitnot und Zeitstrukturen im Zusammenhang mit der Funktions- und Wirkungslogik von und in Familien
      1. Thema in Interviews weiter befragen? Feldforschung im öffentlichen Raum?
      2. Theatrale Qualität von Ryhthmus – Musikalität (z.B. Familie als Sonnensystem Mutter als Magnetpol – Übersetzung in musikalische Motive möglich)
    2. Raumstrukturen, Räumliche Ordnungsstrukturen und Logiken: Wie bilden Räume die innere Funktionslogik und Kommunikationsweise der Familie nach außen ab?
      1. Theatrale Übersetzung gut vorstellbar: Räumliche Ordnungsstruktur, Kommunikationssetting, Installation etc.
      2. Raum als dynamisches System – entgegen der operationalen Fiktion des geordneten Haushalts ist der Familienhaushalt kein statisches System
      3. These: In Verhandlungshaushalten zeigt sich die Machstruktur auch in einer dynamischen Raumordnung

 

    1. Wer ist Familienbestimmer: Wer hat tatsächlich die Macht in der Hand? Und wie verhält sich das zur verbalen Selbst-Ermächtigung?
    2. MACHT&Machtsrukturen: Ist die Behauptung einer Familien-Demokratie nicht eher der Versuch dem demokratischen Ideal zu entsprechen, den eigenen Anspruch zu erfüllen?
      1. Kommunikation&Projektion: Machtausübung durch Zuschreibung und Behauptung. z.B.: „Das hat ihm aber nichts ausgemacht … – oder?“ – Rechtfertigungsdruck, Vorfertigung der eigenen Meinung durch andere
      2. Ästhetische Anknüpfungspunkt fürs Theater: Theatertext, Familiengespräche, Dialoge, Sprache als Machtinstrument inszenieren Eltern sind der Sprache mächtiger als Kinder – Asymmetrie ist schon angelegt

 z.B. Szene, in der jeder sich als Individualist bezeichnet, aber trotzdem nur jeder nur über den anderen Spricht.

 

    1. Sonstiges:
      1. Körperlichkeit und Wirkung Mikrophysik der Macht
      2. Körperlichkeit und Wirkung im Zusammenhang mit gesellschaftlichen Konventionen
      3. Interessant zu untersuchen: gibt es eine Übereinstimmung zwischen konventionalisierten Körperbildern und Selbstbildern der Probant_innen?

 

  1. Thesen zusammentragen, ordnen, zusammenfassen, zuspitzen. CHECK. Thesen an die Wand gehängt. Die Wand ist jetzt voll.
    1. Erkenntnisse: zahlreich, überraschend kongruent. Theoretisch stark im Oevre von Foucault und Bourdieu heimisch.
      1. Erkenntnis: Im akademischen Kontext ist eine praktische Überprüfung sicherlich interessant, für unser künstlerisches Anliegen fehlt hier der Pfeffer.
    2. anschließende „Schreibwerkstatt“ mit überhöhen der Thesen zu polemischen/affirmativen/überaffirmativen Statements

 ein guter Ausgangspunkt für die künstlerische Verfremdung/Überhöhung und Herausforderung von Teilnehmern/Publikum, sich dazu zu Verhalten

      1. Erkenntnis: Viele Thesen über Kinder aus Sicht des Forschenden, noch mehr Thesen über Kinder aus Sicht des Erwachsenen. Thesen von Kindern über Erwachsene oder zumindest der Versuch, sich einer möglichen Kinder-Perspektive anzunähern fehlen
    1. anschließende „Schreibwerkstatt“ mit Thesen und Statements aus möglichen Kinderperspektiven Als Spiel- und (Des-) Identifikationsangebot für „unsere“ mitforschenden Kinder, um davon ausgehend eigene Beobachtungen anzustellen, Thesen zu formulieren, mit forschendem Blick die seltsame Welt der Erwachsenen zu de-konstruieren…
      1. Frage: Ein Kinder-Forschungstag ohne die Rest-Familie wäre toll. Schaffen wir das noch?

 

  1. erste Auswertung und Reflexion von gesammeltem Material und Wochenereignissen – CHECK.
    1. Für mich besonders interessant:
      1. Inszenierung von Interview-Situationen
      2. Selbst-Inszenierung und Selbst-Reflexion als Interviewer und Feldforscher: fragemtarisches Nachstellen des Videomaterials nach dem Karaoke-Prinzip: Vorstellung des Szene, (dilletantisches) Reenactment von Gesten, Satzfetzen, Stimmungen etc.
      3. Machtdispositive in performativen Anordnungen Inszenieren
      4. In wenigen Sätzen erklären, wie die Welt funktioniert
      5. Thesen über Looper sprechen und aufschichten Wissen wird zu Rauschen.

 

  1. Familienbesuch 4 + neue Aufgabenstellung vermitteln: CHECK.
    1. Erkenntnis: Organisatorisches Prinzip dieses Haushalts:
      1. Funktional differenzierte Raumordnung
      2. räumliches Funktionsprinzip der Gemeinschaftsorte (Küche/Wohnzimmer): AGORA: eine große, freie Fläche in der Mitte des Raums, alles andere ist rundherum angeordnet.
      3. Wir betreten die Agora als Fremde und Verlassen sie (gefühlt) als Freunde…oder sagen wir: Vertraute Bekannte.

Silvie
Feststellungen und Ideen am Anfang von Woche 2

Zu den Begriffen global village und global player:
Das global village funktioniert nach dem Prinzip „der Macht“ nach Foucault – diese ist global, da sie ein riesiges Netzwerk von Wirkungen mit vielen Subsystemen ist und sie ist ein village, da sie sich, wie in einem Dorf, wo sich alle kennen, konkret immer zwischen Einzelpersonen abspielt, die aufeinander einwirken, als „Mikrophysik der Macht“.

Das global village ist ein von der „Macht der Norm“ durchsetztes und bestimmtes Netzwerk, das sich zwischen Einzelpersonen und über die ganze Welt hinweg erstreckt.

Der global player ist der einzelne Akteur in diesem Geflecht. Jeder Einzelne hält die Macht mit aufrecht, indem er sich, nach panoptischem Prinzip, selbst im Blick der anderen sieht und bewertet und so der Norm zuarbeitet.

Dazu: Michel Foucault (1976): Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses.

Frankfurt am Main: Suhrkamp.

Ideen:
Die Fragen nach der Agenda der Kinder deutlicher in den Mittelpunkt stellen:

  • Was wollen sie?
  • Wie bewerkstelligen sie das?
  • Wissen sie, dass ihr Handeln globale Auswirkungen hat?

Kindern weitere Fragen stellen:

  • Welche eine Sache würdest DU (nachdem das bei Königsaufgabe schon angetitscht wurde) an der Welt ändern?
  • Was bedeutet für dich Chef sein? Was kann ein Chef, was darf ein Chef, was muss ein Chef? ( Ich denke, die Formulierung Chef war schwierig bei der Frage nach dem Familienoberhaupt, weil Chef kennt man aus Arbeitszusammenhängen).

Einen Kindertag machen:

  • Um o.g. Fragen zu stellen und die Idee eines unüberwachten Kinderspielplatz zu erproben, auf dem sich die Kinder selbst organisieren, könnte man einen Kindertag im Theater machen, an dem sich alle Projektkinder unabhängig von den Eltern treffen.

Für Making Of:

  • Setting schaffen, in dem Machtstrukturen deutlich werden, in dem Eltern darauf gestoßen werden, dass sie ständig überwachen, in dem evtl. sowohl Eltern als auch Kinder Feindbilder gestellt bekommen, gegen die sie rebellieren können.
  • Gesamtsetting: Raum mit Potenzen


Silvia

Der Forschungsprozess nimmt für mich eine erstaunliche Entwicklung. Die direkte Arbeit mit den Familien, vor denen ich im Voraus am meisten Respekt hatte, entpuppt sich als großer Glücksgewinn. Ich betrachte es als Geschenk, als Fremde in einen Familienalltag eingeladen zu werden.

Die besondere Funktion, mit der ich als Forscherin in das Universum Familie eindringe, die neugierige und interessierte Haltung, wandelt Kommunikation. Die Art der Kommunikation wird auf ein Qualitätsniveau gehoben, das einen intensiven Austausch ermöglicht. Meine Neugier, mein Interesse weckt ein vergleichbares Gegenstück bei den einzelnen Familienmitgliedern. Als Familie interessant, von Wichtigkeit zu sein wird als ungewöhnlich und beglückend empfunden und mit Vertrauen und Offenheit beantwortet. Ein schwer zu beschreibendes Wunder geschieht. Wir kommen als Fremde und gehen zwei bis drei Stunden später als gefühlte „alte Freunde“ – mit Umarmungen und der allseits bekundeten Freude auf das nächste Treffen.

Ich trage nun Verantwortung für alles, was die Familien uns von sich zeigen und daraus ergibt sich für mich das Gebot eines respektvollen Umgangs mit dem Material.

Ich fürchte mich davor, dieses Material als reine Datenmenge zu betrachten und es in der Reflexion oder der ästhetischen Bearbeitung zu missbrauchen.
Klaus
Die Familienbesuche werden immer intensiver.
Sind wir es, die den Kniff finden?:
als absolute Fremde in ein festes Familiengefüge einzudringen und am Ende des Besuchs fast das Gefühl zu bekommen, nicht mehr losgelassen werden zu wollen?

Die Familienmitglieder erkennen jeder für sich (3-55 Jahre) scheinbar und auch verlautend neue Erfahrungen und Erkenntnisse über sich selbst und ihrer Wirkweise und -macht aus unseren Fragen und Anregungen.

Verblüffend die Offenheit der Einzelnen, das hohe Neugier- und Mitmachpotenzial übertrifft sämtliche Erwartungen; der Besuch, bzw. die Dynamik des Besuchs ist schon allein für sich stehend eine künstlerisch/philosophische Achterbahnfahrt, die für sich alleine stehen kann!!

Das System der Forschung wird sofort erkannt – nicht explizit, aber subtil – und wird transponiert in eine Rückbefragung/Rückforschung.