flausen.plus

Ich sammle
meine Verluste
in einer Schale
sie blühen schwarz
wie Mohnduft
in mein Niemandsland

Rose Ausländer, 1901-1988

Forschungsfragen

Geruch und Gesellschaft
○ Welche bewussten und unbewussten Rollen nimmt Geruch in der alltäglichen Interaktion ein?
○ Was passiert, wenn wir anfangen die geruchlich übermittelten Informationen aktiver wahrzunehmen / zu denken?
○ Was sind die Konsequenzen der körperlichen Verneinunng im westlichen
Kontext und die damit einhergehende Bewertung von Gerüchen.
(olfactophobe Gesellschaft)
○ Geruch und Klasse – Hierarchisierung von Gerüchen
○ Welche gesellschaftlichen Konsequenzen hat das fehlende Vokabular im
Bezug auf Gerüche?

Geruch und Kunst
○ Wie wird Geruch bisher in verschiedenen Formen der Kunst vermittelt oder dargestellt (Literatur, Film, Malerei, Theater)
○ welche Informationen vermitteln sich über Geruch, die sich nicht anders
darstellen oder vermitteln lassen? Welche Möglichkeiten eröffnen sich
dadurch?
○ Ist es notwendig Gerüche tatsächlich riechen zu könne, oder gibt es andere Möglichkeiten die Rezeptoren indirekt anzusprechen?
○ Können künstlerische Formen dabei helfen das fehlende Vokabular für
Gerüche zu erweitern?

Praktische Ansätze

● Entwicklung von geruchsspezifischer Sprach – Trainieren von Geruchs- beschreibungen
● Experimente mit Wahrnehmung und Wertung unter unterschiedlichen
Geruchseinflüssen
● Überlegungen und Versuche zur Erstellung eines mobilen Geruchskits, das gemeinsames Erleben auf Distanz ermöglicht (digitale Formate oder analoge Formate auf Distanz)
● intensive Materialrecherche

Einblicke in die Vorgehensweise

Geruch auf Distanz – die erste Woche fand in Leipzig, Bremen und Stuttgart statt. Aufgrund der Pandemie beschäftigten wir uns auch ausführlich mit den Möglichkeiten und Unmöglichkeiten, Gerüche zu vermitteln ohne physisch am selben Ort zu sein.

Ein wichtiger Aspekt, um diese Distanz zu überbrücken, ist Sprache. Allerdings gibt es kaum Adjektive, die sich explizit und vornehmlich auf Geruch beziehen. Wir haben deshalb damit begonnen uns im sprachlichen Festhalten von Geruchserinnerungen zu üben.

Einblicke in verschriftliche Geruchserinnerungen:

Mein Gehirn bereitet mich
auf den Geruch vor, wie er sich
erdig dunkel tief warm
salzig süß
feuchttrocken
verbreiten wird,
was mir jedoch nie so gelingt wie meiner Uroma.

Immer wieder muss ich an diesen Geruch denken, auch wenn ich nichts vergleichbares rieche.
Der Geruch ist abgestanden, müde und unbeweglich. Es ist kein schlechter Geruch, auch wenn die Adjektive im ersten Moment einen solchen Anschein erwecken könnten. Der Geruch ist häuslich und gleichzeitig vergangen. Er ist der Rest von etwas, das dort war und etwas da gelassen hat.
Dieser Rest bleibt, weil niemand lüftet und irgendwann würde auch Lüften nicht mehr helfen.

Versenden von Gerüchen – Wir haben erste Schritte eingeleitet, um das Versenden von Gerüchen zu planen, als Möglichkeit Menschen auf Distanz an Gerüchen teilhabenzulassen.
Es sind zwei Versuchsvarianten angedacht: das tatsächliche Versenden von Gerüchen und das Zusenden einer Rezeptliste, um dann gemeinsam die selben Gerüche zu erzeugen.

Gespräch mit Peter Boecker, Geruchsforscher aus Bonn

● Chemieingenieur, der lange zu Geruchssensoren (elektronischen Nasen) geforscht hat
● Geruchssinn ist zu komplex, um mit leichter technischer Lösung imitiert zu werden
● der älteste Sinn
● Industriezweige, die besonderes Interesse an elektronischen Nasen haben: Fleischverarbeitung (Eber Geruch im Fleisch), Lebensmittelindustrie allgemein (Gerüche können günstig produzierte Produkte lecker schmecken lassen)
● Unterscheidung zwischen Geruchssinn und chemischer Detektion
● Bestimmte Gerüche triggern nicht nur den Geruchssinn sondern auch den Schmerzsinn