Ein kleiner Auszug aus einem Text, der während unserer Residenz entstanden ist:
Wenn ich an Wasser denke, denke ich an lachende Kinder. An den Spaß, den es macht. Ich denke an Räume, die einen unbeschwerten Umgang mit Wasser verbieten, an ganz viele Dinge, die nicht wasserfest sind, die sich durch Wasser verformen, ihre Form verlieren, verändern. Wenn ich an Wasser denke, denke ich daran, dass es rätselhaft ist, dass wir es zu unserem Eigentum gemacht haben. Ich frage mich, wann wo Menschen das erste Mal gesagt haben “Das ist mein Wasser. Das hier neben dem ich stehe und was unter mir ist  und was hier vom Himmel runter kommt, ist mein Wasser. Herrschaft über Dinge hat letztendlich damit zu tun, dass ich sie auch zerstören darf, aber Wasser kann ich ja nicht zerstören. Wasser ist wie Highlander, unsterblich, transformierbar.

13 Fragen der Woche:
Wo ist der Unterschied zwischen Wirkmacht und Handlungsmacht?
Wie viel Wasser kann ein Schaf in seinem Fell befördern?
Hat alles, was wir Menschen mit Wasser machen, mit seiner Agency zu tun?
Wenn unsere Augen zu 99 % aus Wasser bestehen, gucken wir dann durch Wasser?
Ist dann Wasser eigentlich immer unsere Perspektive? Unsere Blickrichtung?
Was ist Wasser für eine Mitakteurin, was ist Wasser für eine Mitspielerin auf der Bühne?
Was heißt es, Wasser in seinen Eigenschaften und Fähigkeiten und mit seiner Macht und Wirkung ernst zu nehmen?
Wann manipulieren wir das Wasser?
Manipulieren wir oder manipuliert es uns?
Was macht Wasser mit dir und uns? In diesem Moment, immer wieder, allgemein, alltäglich?
Wenn wir dem Wasser seine unbändige Kraft und Macht und Bewegung zusprechen, also seiner agency Raum geben, was wäre dann?

 

Weitere Gedanken zur Agency – am Ende unserer Residenz “How to do things with water? How does water do things?”
How does water do things? Wie Wasser Dinge macht:
In unserem Plan für unsere Residenz stand: “Wir wollen das Wasser als Akteurin mit in den Bühnenraum holen. Eine Mitspielerin, die mit eigener agency ausgestattet hervortritt.” Was heißt das? Agency? Der Begriff kommt aus dem Englischen und wird zum Beispiel in den Sozialwissenschaften oder Theaterwissenschaften genutzt. Im Deutschen gibt es für diesen Begriff keine ganz eindeutige Übersetzung, deshalb haben wir dieses Wort so, auf englisch, ausgewählt. Wenn wir versuchen, es zu übersetzen, dann geht das mit Worten wie Handlungsfähigkeit, Handlungsvermögen oder auch Handlungsmacht. Das ich, das wir als Mensch(en) Handlungsvermögen habe(n), so an sich, ist offensichtlich. Ich/ Wir kann/können mit unserem Verhalten die Situation, in der wir gerade sind, beeinflussen. Was ich tue, hat eine Auswirkung auf andere. In der Forschung haben wir uns immer wieder gefragt: Was ist diese Handlungsfähigkeit des Wassers? Hat Wasser diese agency überhaupt? Und wenn ja, wie sieht die aus? Wie können wir die auf der Bühne sichtbar machen? Was macht die auf der Bühne mit uns, unseren Körpern und mit Zuschauer*innen?

Was wir wissen …
Wasser hat Agency. Wir brauchen sie ihm nicht zuzusprechen. Aber ob wir sie sichtbar machen können, wissen wir immer noch nicht genau.
Was wir wissen ist: Wasser wirkt unmittelbar. Es wirkt auf den Körper. Die Blase meldet sich, als strebte das Wasser zum Wasser. Es weicht den Körper auf. Es kühlt ihn, es erhitzt ihn. Es versetzt ihn in Bewegung.
Was wir wissen ist: Wasser transportiert immer etwas. Es transportiert Nährstoffe, Schiffe, Mikroorganismen und Emotionen. Es hat eine affektive (emotionale Reaktionen hervorbringende) Kraft. Vielleicht ist das ein Teil seiner agency?
Was wir wissen ist: Wasser bleibt an uns haften, selbst dann, wenn es seinen Zustand verändert hat und unsichtbar gasförmig hinfort schwebt, ist der Tropfen, der vorher auf der Hand war, nicht ganz verschwunden.
Was wir wissen ist: Wasser macht Dinge. Wasser formt Dinge. Wasser macht, dass wir Dinge machen (müssen). Wasser macht, dass wir Dinge machen können. Ist das seine agency?

How to do things with water? Wie man Dinge mit Wasser macht:
Mit Hilfsmitteln, Eimern, Schläuchen, Druck, Geschwindigkeit, Neugierde, Vorsicht und Bedacht. Mit Übermut und trockenen Wechsel-Unterhosen, mit Geduld. Mit Spontaneität, mit viel Denken und viel Wissen-lernen und angucken und fühlen und hineinsteigen. Wir sind in dieser künstlerischen Residenz ins kalte Wasser gesprungen. Wir sind voll eingetaucht, abgetaucht, wieder aufgetaucht. Wir haben das Fass auch zum Überlaufen gebracht. Neue Fässer aufgemacht oder zumindest rein geschaut. Manchmal waren wir voll im Fluss.
Grenzen haben sich aufgeweicht. Wir sind ins Schwitzen gekommen, ins Schwimmen gekommen, verschwommen und verschwammen darin. Manchmal stand es uns bis zum Hals, manchmal nur bis zum Knöchel. Einiges ist zwischendrin untergegangen. Wir fühlten uns pudelwohl und wurden pudelnass und folgten des Pudels Kern. Es lief. Es läuft. Wir haben Dinge durchlaufen. Wir machen ja hier kein Weichspülprogramm. Und letztendlich sind wir alle nah am Wasser gebaut.