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Liebe flausen+ Netzwerkpartner:innen, liebe Gäste aus Theater und Kulturpolitik, liebe Interessierte!

Als das flausen+bundesnetzwerk beschloss, seinen vierten Bundes-kongress im Rahmen der Europäischen Kulturhauptstadt in Chemnitz durchzuführen, waren wir sofort begeistert und voller Tatendrang. Mit dieser Entscheidung wurde wieder einmal deutlich, worin eine große Stärke dieses Netzwerks besteht: den Peripherien mehr Bedeutung und Gehör zu verschaffen. Das mag widersprüchlich klingen, wenn man sich mitten hinein in den Trubel einer Europäischen Kulturhauptstadt begibt. Doch insbesondere in Bezug auf die Freien Darstellenden Künste ist Chemnitz eben tatsächlich Provinz, aber eben auch im besten Sinne: ein elitäres Nischendenken, in dem sich die Freien Darstellenden Künste in den Metropolen ästhetisch und in seinen Arbeitspraktiken oft radikal abgrenzt, kann es hier einfach nicht geben. Kooperation mit den unterschiedlichsten, ja merkwürdigsten Partnerinnen ist hier überlebensnotwendig. Unser tapferes kleines Netzwerktheater in Chemnitz, die OFF-Bühne KOMPLEX, betrieben vom Taupunkt e.V., ist mehr oder weniger ein Zwei-Frauen-Betrieb mit einer Handvoll engagierter Helfer:innen.

Das Societaetstheater Dresden übernahm Organisation und Ausrichtung dieses Kongresses, um damit dem KOMPLEX Sichtbarkeit zu verschaffen und dem kleinen Team die Möglichkeit zu geben, mit seinen begrenzten Kapazitäten die eigenen Vorhaben innerhalb des Kulturhauptstadt-Jahres in Chemnitz zu verwirklichen – und dennoch Gastgeber des Bundeskongresses sein zu können.

Die nur scheinbare Randlage von Chemnitz birgt auch eine große Chance; denn Rand ist man ja immer nur in Bezug auf ein vermeintliches Zentrum. Ränder sind auch immer Übergänge, historisch und geografisch. Wir erleben hier einen Kulturraum einer einst florierenden ländlichen Industrielandschaft, andererseits spielen gerade in der Praxis des KOMPLEX die Beziehungen über die Grenzen hinaus nach Tschechien eine große Rolle.

Wir müssen auch darüber reden, dass Chemnitz in den letzten Jahren der Ruf als Hort rechtsradikaler Ausschreitungen und Bewegungen anhaftete, auch der Nimbus einer prekären Stadt, die ihre bisher besten Zeiten in der Vergangenheit gesehen hat.

Diese Lesart zu überschreiben und sich dabei dennoch den realen Problemen und Widersprüchen zu stellen, hat sich das Team der Europäischen Kulturhauptstadt Chemnitz 2025 zur Aufgabe gemacht: Das Nicht-Sichtbare sichtbar zu machen!

Machen wir also dieses kleine Theater mitten im sozialen Brennpunkt Chemnitz-Sonnenberg und seine wunderbaren Aktivitäten sichtbar.

Zudem stellen wir die Erfahrungen der fünf sächsischen flausen+ Netzwerkhäuser und der produktiven Zeit der Entstehung der ostdeutschen Off-Theaterszene an den Anfang dieses Kongresses.

Wir teilen Erfahrungen aus Metropolen und Randgebieten, reden über Chancen und die Kraft der Provinz. Wir diskutieren über die Herausforderungen, die politischen Angriffe auf unsere Aktivitäten, finanzielle Einschnitte in der Kulturförderung und vielgestaltige gesellschaftliche Verwerfungen, die Fragen an unsere Theaterarbeit und die Beziehung zu unserem Publikum stellen.

Wir versuchen, den Worten Solidarität und Partnerschaft neuen Atem einzuhauchen.

Wir erleben gemeinsam Theatermomente – Kooperationen, die an den Rändern, am Übergang zwischen Theater und öffentlichem Raum, Klubkultur und sozialer Recherche entstanden sind.

Wir freuen uns auf einen Kongress, der als breite Kooperation aufgestellt ist und danken allen Partnerinstitutionen und -Initiativen:

Birikino Kinder- und Jugendzirkus, Bundesverband Freie Darstellende Künste, Chemnitz 2025 gGmbH, Fonds Darstellende Künste, Taupunkt e.V., Weltecho Chemnitz.

Das Organisations-Team des flausen+ Bundeskongress#4:

Kathleen Gaube, Nicole Meier, Heiki Ikkola (Societaetstheater Dresden)

Ralph Würfel (flausen+)