Einstieg / Überblick
In unserer zweiten Woche setzten wir unseren Fokus auf die Auseinandersetzung mit One-to-One-Performances anderer Künstler und entwickelten eigene Formate, die wir im Selbstversuch und an Gästen testeten.
Hand in Hand mit unseren Ideen für One-to-One-Performances geht die Frage, wie ist der Ort beschaffen und gestaltet an dem wir agieren werden oder schaffen wir eigene Räume? Wir entwickelten und sammelten einzelne Forschungsschwerpunkte, die für uns als Einzelpersonen interessant sind und im Rahmen unserer Performance relevant werden könnten. Es stand die Vertiefung unserer Interviewstrategien, die Auseinandersetzung mit dem Feedback unserer Mentorin Felizitas Kleine und die Entwicklung einer gemeinsamen Improvisationsmodus an.
One-to-One-Performances – die Installationen und Begegnungen
Ideen:
→ Handbad mit Handmassage (versteckte Audioaufnahme)
besondere Momente: angenehm, nicht unbedingt das Bedürfnis über Theater zu reden, sondern erst wenn die Teilnehmer damit anfangen wollen / gezielt nach Aussagen suchen oder wir lassen sie entstehen.
Daraus resultierende erkenntnishafte Idee: Stationen schaffen, wo es nicht nur um Theater geht, sondern die das atmosphärische Gespräch fördern
→ Fahrstuhlfragen
2 Audiorecorder: 1 Recorder stellt fragen nachdem PLAY gedrückt wird, der andere ist für die Aufnahme der Antworten auf die gestellten Fragen gedacht
→ intime Box / Erinnerungshöhle (das zukünftige Nutellabaumhaus)
sinnliche Einstimmung für den Eintritt in Erinnerungsräume: das atmosphärische Gespräch
Feststellungen:
als PerformerIn hört man schlechter zu aufgrund vielfältiger Aufgaben, um mit den Zuschauer zu flirten und zu umgarnen die Vorgehensweise lenkt ab vom Inhalt des Gesprächs
WUNDERBAR: mit der Leiter in eine andere Welt nach oben zu entsteigen
Entweder-Oder-Fragen können Bedrängnis auslösen
→ Hütchenspiel
3 Becher, unter 2 von diesen sind Zettelchen mit Fragen versteckt unter dem 3. etwas Süßes; das Spiel wird nach der allseits bekannten Spielweise gespielt; je nachdem welcher Becher ausgewählt wurde, muss eine Frage beantwortet oder kann etwas Süßes gegessen werden
Fragen:
Warum ist der Gewinn etwas Süßes und das Verlieren eine Frage, wo es doch um das Befragen geht?
Warum begegnen Menschen Hütchenspielern mit Misstrauen und wie lässt sich das umgehen?
→ Audiokassette zum Mitnehmen
Give Away-Stand für Publikum, das mit reichlich Zeit vor der Vorstellung zu ebendieser kommt – Bananenstückchen, Kaffee, Schnittchen, Schnaps . . . und 1 Audiokassette für jeden, mit der Bitte nach der Vorstellung die auf die Kassettenhülle aufgedruckte Frage an einem ausgelegten Kassettenrecorder zu beantworten und aufzunehmen
Fragen:
Wie geht man sicher, dass man auch möglichst alle Kassetten zurückbekommt?
Wie viele Kassettenaufnahmegeräte muss man für diesen Aufbau bereitstellen?
→ Aufforderung zum Kommentieren an der Klotür
1 großes Blatt an der Klotür und 1 Stift an einem Band an der Tür angebracht; wahlweise 1 Frage oder eine erste kleine Zeichnung auf dem Blatt
zentrale Feststellungen und Gedanken:
→ die Sinnlichkeit der jeweiligen Befragung fällt positiv auf
→ die dadurch vorherrschende Unaufdringlichkeit und Verführung fällt positiv auf
→ Was denken Menschen von Befragungen? Wann sind sie angenehm bzw. unangenehm?
2 Feldstudien,
um unsere bisherigen Rechercheergebnisse bzgl. Methoden der Befragung
und One-to-One-Performances zu überprüfen
Feldstudie 1 ‚Treibsandkasten’ am FWT
→ Versuchsanordnung: 2 schauen sich die Inszenierung an, 2 nicht
→ Folgende One-to-One-Situationen wurden ausprobiert:
Hütchenspiel
direkte Befragung ohne das Stück gesehen zu haben
unmittelbares Aufnehmen der eigenen Eindrücke auf Kassette nach der Vorstellung
Auswertung der Versuchsanordnung
In der Vorrecherche wurde von Gabriele Wittmann: „Hinter der Bauchdecke. Vom Umgang mit Emotionen in der Tanzkritik.“ gelesen – der Text plädiert für ein beschreibendes Wahrnehmen des als Aktion oder Objekt tatsächlich auf der Bühne Stattfindenden und Befindlichen.
Aufgrund dieser Lektüre wurde das Stück teilweise so gesehen, wie Mitglieder von Pandora Pop noch nie bzw. seit sehr langer Zeit kein Theater mehr geguckt haben – unvoreingenommen und offen
beschreibendes Gucken, Versuch einer Art Objektivität
Feldstudie 2 ‚Bin nebenan’ am FWT
→ Versuchsanordnung: alle schauen sich die Inszenierung an, es werden Angebote zum kommentieren im Raum verteilt, wir treten nicht als Performer in Aktion
→ Folgende One-to-One-Situationen wurden ausprobiert:
Hütchenspiel
Klotürkommentare, offen ausliegende Fragezettel mit Stiften
Einwegkameras Kassettenrecorder mit konkreten Fragen an das Publikum
Auswertung der One-to-One-Situationen:
Publikum hat das Angebot eher schlecht bis gar nicht wahrgenommen
Wo jüngere und junge Leute saßen gab es mehr Kommentare auf Zetteln
FWT-Publikum ist kein Festivalpublikum
die Grundsituation war keine Festivalsituation
Zettel innerhalb der Kabine im Frauenklo wurden kommentiert und beschriftet
→ daraus resultierende Fragen:
Liegt das vorwiegende nicht wahrnehmen der Angebote zum Kommentieren, sich äußern an der schlichten, improvisierten, ja schnell zusammengestellten Gestaltung der Zettel?
Fehlen wir als Performer, als Persönlichkeiten, als Gegenüber, als Augen zum hineinschauen, sich verlieren und beflirtet werden?
Gedankliche Unterstützung und Präzisierung durch Fragen von Felizitas Kleine
→ aktuelle Fragen und Interessensschwerpunkte zum Recherchestand:
Wird hier nach einem Format für Publikumsbefragungen und Vermittlung gesucht oder entsteht eine autonome Zelle, die die Erinnerungen des Publikums festhält?
Kann es sich den bestehenden Strukturen des Publikumsgesprächs bedienen oder setzt es eine deutliche Alternative?
Wie viel Rahmung/Narration braucht es und kann man über die bloße Herangehensweise erklären? Wie viel Einleitung ist notwendig bzw. gewünscht?
Wie kommt man an das Material heran, mit dem man selbst am besten arbeiten kann?
Wie verhalten sich die Frageabsichten zu den Umsetzungsoptionen?
Wann ist es für das Publikum interessant und wann nur für die Macher? Wo liegt der Unterschied?
Wie viel Vorwissen, Verbindungen, Vertrauen braucht es und wann schließt es einen weiteren Publikumskreis aus?
Was für einen Personenschlüssel braucht es? Wie viele Erinnerungen kann man eigentlich ernsthaft und vertrauensvoll verdauen? Stichwort: Personalschlüssel und Intensitätsmodus
Wie verhält sich die Masse (an Informationen) zum gesuchten Inhalt?
→ Feststellungen:
Welche Festivals und damit welches Publikum ist für uns relevant? → tendenziell Fachpublikum, dass an zeitgenössischen Theaterformen interessiert ist bzw. darin ein gewisses Spezialistentum besitzt
Komplizenschaft mit dem Publikum ist eine gute Position
Feststellung des Bedürfnisses nach einer Pause bzw. Einzelarbeit
Themen für die Einzelrecherchen
Lektüre von Warren Berger: „Die Kunst des klugen Fragens.“
→ Schwerpunkte: Fragetechniken, Innovationstechniken, Gesprächsführungstechniken und Frageformen
Lektüre von Karin Bijsterveld und José van Dijck: „sound souveniers.“
→ Auseinandersetzung mit den Begriffen Retro und Vintage / Nostalgie, Erinnerung im Zusammenhang mit Tonaufnahmen
Kontaktaufnahme mit Konfliktforschungsinstitut ZFD
Gespräch mit Berliner Publikumsformat feedbacklab hzt, Deutsche Gesellschaft für Supervision DGSV
Notationsformaten für Bewegung auf der Bühne (Laban-Schrift)
le Parcours und / oder Themenpark als mögliches System der Strukturierung des Publikumskontaktes bzw. der Kontaktaufnahme zum Publikum
Applaus als kulturelle Praxis
Neue Fragen:
Erinnerungen abrufen oder Erinnerungen herstellen?
Warum? Was wäre wenn? und wie? – ein Schema. für Innovation. brauchen wir Innovation im Theater? Oder brauchen wir nicht eher das Archiv. mehr vom Rewind als vom Forward? Können wir nicht ein paar Fetzen mehr behalten? Das ist ein nostalgischer Gedanke. Nostalgie vs. Retro.
Welchen Wert hat das Archiv für uns und wie vermitteln wir den?
Wie erschaffen wir auf einem Festival einen Ort, wo die Leute unbedingt hin wollen, der sich rum spricht, so dass alle schon aus Neugier früher zu den Vorstellungen und unserem Ort kommen?
Wie sieht der räumliche Eintritt in unsere Welt aus?
Ein Survival-Kit für die Zuschauer ist gut. Aber braucht ein Fachpublikum ein Survival-Kit? Brauchen die nicht eher ein Stück Naivität?
Wie sähe ein Applaus-Workshop aus?
→ Erschreckende Feststellung:
Der Saturn-Markt hat zum Ausverkauf von Leerkassetten angesetzt: Wir müssen uns beeilen, sonst gibt es bald keine Audiokassetten mehr für unser Projekt zu kaufen. Das Werk produziert die Audioleerkassetten nicht mehr – das Ende einer Ära!!!
Hamstern!!!
Übungen und Improvisationen
→ Do-What-You-Want
Level 1:
alle bewegen sich im Raum zu Musik und machen worauf sie Lust haben dabei erinnern sie das schönste Stück, das sie je gesehen haben, die schönste Reise, das beste Essen; WICHTIG: sich Zeit lassen die Erinnerungen wirklich erscheinen zu lassen im Kontrast dazu: das schlimmste Stück, das schlechteste Essen, die fürchterlichste Reise
Level 2:
jede/r schreibt 5 bis 10 Namen auf von Menschen aus ihrer/seiner Vergangenheit auf, an die sich gerne oder gar nicht gerne erinnert wird
Level 3:
die improvisierende Person erinnert sich an „ihr“ schönstes Stück und gehen in Bewegungen hinein, zeigen was sie erinnern und währenddessen ließt ein/e andere/r die Namen am Mikro vor und diese dürfen und sollen die improvisierende Person beeinflussen
Fazit:
durch die eigenen Erinnerungen wird es schnell sehr biographisch,
WICHTIG: Erinnerungen durch einen filter laufen lassen, wie z.b. aufschreiben, auf Kassette sprechen, zeichnen und am besten an eine andere Person übergeben
Übung fördert die gegenseitige Unterstützung auf der Bühne, darauf wollen und müssen wir vermehrt eingehen
→ Improvisation Zirkeltraining
Übung mit verschiedenen Performancestationen / Mitteln:
Mikrofon
Bilderhaufen
Kostümkiste
Büchertisch
Musikstation
unsere Pinnwand
Beobachtung
Fazit:
Die Musik („music for TV-dinner“) funktioniert sehr gut: alle tänzeln und eine Party-Atmosphäre entsteht, die Materialfindung wird energievoller und die Stationen vermischen sich.
→ Bewegen und Befragen
Level 1:
2 PerformerInnen auf der Bühne, 1. PerformerIn macht Körperübungen, 2. PerformerIn kopiert die Bewegungen und befragt dabei 1. PerformerIn, die / der darauf unmittelbar antworten muss
2. PerformerIn gibt zusätzlich noch Feedback darüber, was sie wie verstanden hat
Level 2:
jede/r malt 5 Items aus den soeben verhandelten Themenbereichen nach ihrem / seinem eigenen Verständnis auf 5 Blätter
Level 3:
jede/r hält eine ca. 20-minütige Lecture-Performance zu den Zeichnungen auf den Blättern der/des jeweils Anderen
Fazit:
sehr gut wenn sich teile aus verschiedenen Geschichten zu einer neuen, absurden Geschichte verbinden
z.B.: 100 Kühe die das eine Kassettenrädchen drehen und 100 Kühe die das andere Kassettenrädchen drehen
→ Revue-Lecture Party
Stichwortkette:
Abendimpro, Partytime, im Partykeller, laute Musik, Wein und Mikrofon, die Loopstation und drei Buzzer auf der Bühne, spontane Intervention, die Spieler sind die DJs und bestimmen die Musik, Suche nach einer Kommentarfunktion, wir stoßen an, wir lassen Bühnenbilder auferstehen und spielen die krassesten Momente im Theater nach, um uns herum verliert sich der Raum und verblasst im Dunkel, Highlights hier und da, Befragung über Banalitäten während des Leidens am Schmerz des aufgeschnittenen Bauches
ODER: Erscheint es wie Banalitäten im Angesicht des Todes?
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