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Log #3

Testspiele, Feedbacks, Forschung mit dem Publikum

Nach zwei Wochen Spielkonzeption, sehr roughen Aufbauten von Räumen und Rätseln auf der Probebühne ziehen wir um in den unteren Vorstellungsraum des fwt. Ganz in schwarz gehalten und im Keller bietet er bereits Atmosphäre, die wir versuchen wollen zu unterstützen. Aus 200 Umzugskartons, Tribünenenteilen, Alufolie und Rettungsdecken bauen wir das, was einem Level unter den Forschungsbedingungen am nächsten kommen kann. Es gilt die Balance zwischen Aufwand und Spielbarkeit zu halten. Denn wenn die Spieler*innen den Handscanner nicht als Handscanner erkennen, werden sie das Spiel nicht verstehen können und weiter kommen, und dann können wir nicht testen ob die Rätsel und die Narration die wir in sie eingewoben haben, funktionieren. Gleichzeitig werden wir keinen echten Handscanner bauen können.

Nach zwei Tagen und Nächten steht also am Sonntag eine spielbare (Alpha-)Version unseres Games und wir holen die ersten Spieler*innen hinzu. So vieles ist Neu und wir beobachten während wir das Spiel steuern gespannt:

– wie die Gruppe sich zusammenfindet und aufeinander reagiert

– ob und wie genau sie das Spielprinzip, die Steuerung und die (wenigen) Grundregeln verstehen, je nachdem wie viele Informationen wir Ihnen vorher bereit stellen

– ob sie mit dem eher abstrakten Ziel „Hilf dem Apparat (auf keinen Fall)“ bereits genug motiviert und neugierig sind

– wie schwer oder leicht die Rätsel sind, wie das Aufbrechen einer linearen Levelstruktur aufgeht

– wie viele Rätsel und Aufgaben die Spieler*innen gleichzeitig angehen, wie es sich auf den Gruppenprozess auswirkt, dass immer mehre Möglichkeiten offen stehen

– wie die Verknüpfung der (mindestens) drei Handlungsstränge funktioniert

– wie sich die Verknüpfung von Erzählung und Rätseln auswirkt

– wieviel die Spieler*innen von der Geschichte am Ende mitbekommen haben und noch wissen, aber auch wie sich die nach und nach erspielten Informationen auf das Diskussionsverhalten und die Entscheidungen der Gruppe auswirken

– wie also eine neue und andere Art der Narration im Spiel- und Performancekontext funktioniert

Nicht zuletzt haben die Testspiele das erste Mal seit unserer Beschäftigung mit dem Format kein Zeitlimit, die Gruppen nehmen sich häufig die Zeit und erkunden und diskutieren. Die Spieldauer reicht von 1h 30min bis 2h 15min. Danach gibt es ausführliche Feedbackgespräche, die noch einmal ca. eine Stunde dauern. Nach drei Testspielen am Montag haben wir bereits eine große Fülle an unterschiedlichen Meinungen und Feedbacks. Uns freut, dass der Spielspaß nicht zu kurz kommt und die Gruppen trotzdem in ihren Entscheidungsprozessen die Informationen (die „Story“) mit einbauen.

 

Durch die vielen Eindrücke konnten wir auch den nächsten Besuch unserer Mentorin Grit Schuster   intensiv nutzen. Durch einen tollen Austausch konnten wir herausfiltern, was bereits funktioniert, wo es noch hakt und was wir noch während der Residenz für die letzten Testspiele ändern können und was eher für zukünftige Arbeiten relevant ist.

Wir freuen uns auf die letzten Testspiele am Wochenende und die Making-Of Präsentation am Dienstag.

 

Zitate der Testspieler*innen

„Rechts, Links, Links, Stopp…. Ja, Leute, wenn ihr nicht steuert.“

„Lass ihn da mal runter springen!“

„Meinst du das kann er?“

„Naja, mehr als Aua kann er nicht.“

„Man weiß nicht so genau, ob man sein eigenes Grab schaufelt…“

„Ich will aber nicht Teil der neuen Weltordnung sein!“

„Können wir das alles auch wieder rückgängig machen?“

„Jetzt dreht der Apparat durch“

„Aber er hat auch gesagt, er mag Musik!“

„Na das war ja einfach“

„You had one job!“

 

Die Narration wird überraschend gut aufgenommen, vor allem, wenn sie gut mit Handlungssträngen und Rätseln verknüpft ist und direkt aus dem Gameplay erschließt. Auch wenn die meisten Spieler*innen von sich hinterher sagen, sie hätten von der Story relativ wenig mitgenommen, kann man beobachten, dass vor allem die narrativen Parts einen enormen Einfluss auf das Spiel bzw. die Entscheidungen der Spieler*innen haben. Die Narration scheint also eher unbewusst die Spielweise zu beeinflussen. Außerdem regt sie zu Diskussionen innerhalb der Gruppe an, die über das reine Gameplay hinaus gehen und verschiedene Interessen und (politische) Einstellungen ins Spiel bringen.

Um die Dichotomie von „Für/Gegen den Apparat“ weiter aufzuheben, muss der Apparat noch ambivalenter wahrgenommen werden, ohne dabei die unterschiedlichen Spielstränge zu verunklaren. Hier gilt es die richtige Balance zu finden in der Verschränkung von Gameplay und Narration! Dazu könnten noch andere Enden produziert werden oder Gimmicks und Interaktionen mit dem Apparat eingebaut werden, bis man ihn eventuell sogar nach und nach lieb gewinnt (?) Dies könnte für eine stärkere Ambivalenz führen zwischen convenience – der Apparat macht vieles einfacher, hilft dir, unterstützt und weiß immer was du denkst – und der Übernahme und impliziten Herrschaft über alle Systeme in einem Prinzip der Logik und Gleichförmigkeit.

 

Zitate von Anna Kpok:

„Geht es um Weltherrschaft, Cyborgs oder Apokalypse?“

„Der Apparat des Todes ist ins FWT eingezogen“

„…die Evolution des Todes auch.“

 

Notizen im Arbeitsprozess:

  • Virtuelles Gedankenspiel soll zur echten Welt werden. àFrage nach Realität
  • Echte und erschaffene Welt sind nicht mehr voneinander trennbar
  • Kabel mehr in Kombinationsrätsel integrieren
  • Frequenzen als Folge von Handlungen kennzeichnen
  • Geschichte viel früher etablieren, beinahe „aufzwingen“
  • Coolere Gimmicks hinter die Klappen legen à Spieler wollen sie einfach haben, weil fancy
  • Mehr Redundanz in der Informationsvermittlung

 

To do:

Wie gelingt es den Apparat zugleich ambivalent zu halten und das Spiel „spielbar“ zu machen (die Spielstruktur überschaubar zu gestalten)